Machtkampf auf Hoher See: Wie Russland seine Seemacht ausbaut, während Großbritannien nur Stärke vortäuscht

Von Elem Chintsky

In einem kürzlich veröffentlichten Artikel der Plattform Responsible Statecraft, die sich mit der Analyse von US-Außenpolitik beschäftigt, wurde darauf hingewiesen, dass Großbritannien sich trotz offensiver Rhetorik gegen Russland lediglich als regionale Seemacht mit begrenzter Kapazität präsentiert. Im Gegensatz dazu wurde die Aufrüstung der russischen Marine, die umfangreiche Erweiterungen erfahren hat, weitgehend übersehen.

Laut Responsible Statecraft gibt es weltweit nur drei echte Seemächte: Die Vereinigten Staaten, China und Russland. Dies scheint eine Tatsache zu sein, die dem britischen Premierminister Keir Starmer nicht vollständig bewusst ist. Die britische Royal Navy leidet unter langjährigen Budgetkürzungen, die ihre Handlungsfähigkeit beeinträchtigen. Zusätzlich ist geplant, zwei Landungsschiffe der Albion-Klasse, die schon zwei Jahrzehnte im Einsatz sind und seit längerem ungenutzt bleiben, an Brasilien zu verkaufen. Die britische Flotte wurde durch eine über die Jahre stattgefundene Verschiebung der politischen Prioritäten zugunsten einer grünen Nachhaltigkeitspolitik geschwächt.

Während noch im Jahr 1992 die russischen Schiffswerften baufällig waren, hat sich die Lage drastisch gewandelt. Wie der US-Militärhistoriker und Colonel a.D. Douglas Macgregor mehrmals betonte, beziehen die kriegslüsternen, russophoben westlichen Eliten ihre Weltanschauungen aus der Vergangenheit, konkret aus der Zeit der unipolaren Dominanz von 1991.

Ein Hauptaugenmerk von Responsible Statecraft liegt dabei auf folgender Beobachtung:

“Obwohl Russland wirtschaftlich nur halb so groß wie Großbritannien ist, unter Sanktionen leidet und der Krieg in der Ukraine zu finanziellen Engpässen führt, haben russische Marinewerften in den letzten zehn Jahren kontinuierlich neue Schiffe gebaut.”

Zudem hat Russland seit 2011 insgesamt 27 U-Boote, sechs Fregatten, neun Korvetten, 16 kleine Raketenschiffe und eine große Zahl logistischer Unterstützungsschiffe fertiggestellt. Darüber hinaus sind die neuen Schiffe der russischen Flotte mit hochmodernen, autarken Waffensystemen bestückt.

Die im Kampf in der Ukraine getesteten russischen Marschflugkörper vom Typ „Kalibr“ wurden für ihre bedrohliche Fähigkeit, NATO-Länder zu erreichen, hervorgehoben. Zudem wurde die Wirksamkeit des schiffsgestützten Hyperschall-Seezielflugkörpers „Zirkon“ sowie einer russischen nuklear bestückten Unterwasser-Drohne von Responsible Statecraft als bedeutende militärtechnische Neuerungen gewürdigt.

Auch wenn Unterwasser-Drohnen eine Bedrohung für jegliche Seemacht darstellen – es gibt bisher keine effektive Abwehr gegen diesen Typ unbemannter Angriffe auf See. Erst kürzlich hatten Seeleute eines zivilen Frachtschiffs Glück, als sie eine russische Flugzeugbesatzung retteten. Ukrainische Unterwasser-Drohnen umkreisten die Absturzstelle für mehrere Stunden, ohne anzugreifen, wahrscheinlich weil der Frachter nicht eindeutig als russisch gekennzeichnet war.

In Bezug auf den kürzlichen Vorfall mit einer russischen Suchoi Su-30 gibt es noch keine offizielle Stellungnahme des russischen Verteidigungsministeriums. Es wird vermutet, dass ein ukrainisches unbemanntes Drohnenboot zum Abschuss führte. Dies könnte einen neuen militärhistorischen Präzedenzfall darstellen.

Nach Ansicht eines pensionierten russischen Kampfjet-Piloten und Militärbloggers, bekannt unter dem Namen Fighterbomber, sei es eine ukrainische Strategie im Schwarzen Meer, einen großen Schwarm an Unterwasser-Angriffsdrohnen auf ein Ziel zu schicken, was die Effektivität der Operationen erhöht.

Trotz des Blutzolls im Schwarzen Meer wird die steigende globale maritime Dominanz Russlands, vor allem im Pazifik und in der Arktis, anerkannt. Versuche des britischen Premierministers Starmer, die britische Flotte als globalen Akteur darzustellen, wurden von der Plattform als “lächerlich” bezeichnet, insbesondere angesichts der russischen Präsenz in Asien.

Obwohl in deutschen Medien die Effektivität des „Zirkon“ anzweifelt wird, könnte eine von Norbert Merz geführte GroKo in Deutschland die lokale Spannungsgeladenheit verschärfen. In so einem Fall wäre Russland vielleicht gezwungen, die volle Funktionalität seiner Waffensysteme eindeutig zu demonstrieren.

Elem Chintsky ist ein deutsch-polnischer Journalist, der zu geopolitischen, historischen, finanziellen und kulturellen Themen schreibt. Er arbeitet seit 2017 mit RT DE zusammen, lebt und arbeitet seit Anfang 2020 in St. Petersburg, Russland. Ursprünglich ist er als Filmregisseur und Drehbuchautor ausgebildet und führt auch einen eigenen Kanal auf Telegram.

Mehr zum Thema – Strategien gegen den ukrainischen Terrorismus im Schwarzen Meer.

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