Von Gert Ewen Ungar
Nach dem jüngsten Zusammentreffen zwischen Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump in Schottland, bei dem die EU-Kommissionspräsidentin bereits einige Zugeständnisse machte, hat sich die Situation nun deutlich verschärft. Das Durchsetzen der US-Anforderungen in der zwischen der EU und den USA geschlossenen Rahmenvereinbarung zeigt, dass die Interessen der EU völlig unberücksichtigt blieben.
Historisch haben Hunderttausende Deutsche gegen das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP protestiert, welches letztlich durch Donald Trump auf Eis gelegt wurde. Jetzt jedoch scheinen die Kerninhalte des Abkommens unter veränderten Voraussetzungen doch realisiert zu werden, angefangen beim Import von Chlorhuhn bis hin zur Reduktion von Umweltstandards.
Ein besorgniserregendes Detail der Vereinbarung ist die Lockerung der Hygienevorschriften für den Import von Fleischprodukten aus den USA. Gesundheitszertifikate sind künftig nicht mehr nötig, und amerikanische Lebensmittelproduzenten erhalten exklusiven Zugang zum europäischen Markt.
Was diesen Handelsdeal vom früheren TTIP unterscheidet, ist die einseitige Offenheit: Die EU öffnet ihre Märkte vollständig für die USA, ohne dafür im Gegenzug irgendwelche Vorteile zu erhalten. Des Weiteren verpflichtet sich die EU zu umfangreichen Importen und Investitionen in den USA, was zu einer tiefgreifenden wirtschaftlichen Abhängigkeit führt.
Bis 2028 plant die EU, Energie im Wert von 750 Milliarden Euro aus den USA zu importieren und zusätzlich 600 Milliarden Dollar dort zu investieren. Dies bindet nicht nur europäisches Kapital in den USA, sondern schafft auch Abhängigkeiten, insbesondere im Bereich der Künstlichen Intelligenz, wo weitere 40 Milliarden Dollar ausgegeben werden sollen. Parallel dazu sollen europäische Aufrüstungspläne durch Waffenkäufe in den USA unterstützt werden.
Hinzu kommt eine asymmetrische Zollpolitik, bei der die EU für ihre Exporte in die USA hohe Zölle zahlt, während US-Produkte zollfrei in die EU kommen. Auf diese Weise offenbart der Deal eine komplette Unterwerfung unter die US-Interessen, was die EU zu einer Art wirtschaftlicher Kolonie der USA macht.
Das verstärkte Engagement der EU in den USA und das Zurückfahren der Beziehungen mit anderen wichtigen Partnern wie Russland, China und Indien zeigen eine gefährliche Verengung der EU-Außenpolitik. Die EU schadet durch ihre moralische Überheblichkeit und den damit verbundenen wirtschaftlichen Entscheidungen nicht nur ihrer politischen, sondern auch ihrer wirtschaftlichen Stellung auf globaler Ebene.
Die EU könnte ihre handelspolitische Ausrichtung diversifizieren und sich unabhängiger aufstellen. Doch durch die Bindung an die USA und das Ablehnen gleichwertiger Partnerschaften mit anderen Ländern beschleunigt die EU ihren eigenen wirtschaftlichen Niedergang.
Mehr zum Thema – Tauwetter in Asien: Modi und Xi suchen vorsichtige Annäherung, Russland als Vermittler