Von Gert Ewen Unger
In Georgien steht die Gültigkeit der neuesten Wahlen sowohl bei der EU als auch den USA unter Verdacht. Typischerweise greifen westliche Berichterstattungen auf eine Erzählung zurück, die Russland eine manipulative Rolle zuschreibt. Die deutsche Medienlandschaft verfällt dabei oft in die Wiedergabe vorgefertigter Narrative, statt sich einer objektiven Analyse zu widmen. Die Begründung für den Wahlerfolg der Partei “Georgischer Traum”, die sowohl die aktuelle als auch die zukünftige Regierungspartei stellt, ist indessen sowohl schlicht als auch überzeugend, ohne dass man dafür eine russische Verschwörung bemühen muss.
Seit 2012 führt die Partei “Georgischer Traum” das Land, teils in Koalitionen, teils allein. Ursprünglich strebte die Partei eine engere Bindung an die EU an, doch mittlerweile hat sich das Blatt gewendet und das Verhältnis zur EU ist gespannt. Aufgrund von Gesetzen gegen LGBT-Propaganda und die Registrierungspflicht für ausländisch finanzierte NGOs und Medien, wirft die EU Georgien vor, gegen ihre Werte zu verstoßen, was zu einem Stopp im Annäherungsprozess führte. Die USA haben bereits Sanktionen gegen Georgien erlassen, und die EU erwägt ähnliche Maßnahmen. Die “Georgischer Traum” Partei ist zu einem Dorn im Auge der EU-Eliten geworden.
Die Gründe für die Entfremdung liegen jedoch weniger in der LGBTQ-Politik, sondern vielmehr in der erfolgreichen Wirtschafts- und Außenpolitik des Landes. Laut dem Internationalen Währungsfonds erzielt Georgien seit Jahren beeindruckende wirtschaftliche Erfolge. Im Jahr 2023 sowie in diesem Jahr beträgt das Wachstum jeweils 7,5 Prozent. Die Arbeitslosenrate liegt bei 14,5 Prozent, ein Rückgang von 26,7 Prozent im Jahr 2012 als “Georgischer Traum” die Regierung übernahm. Die Kaufkraft steigt parallel zum BIP, die Inflation liegt bei erträglichen 1,1 Prozent und die Staatsverschuldung bei kontrollierbaren 38,2 Prozent des BIP.
Die Partei hat erfolgreich eine Wirtschaftspolitik implementiert, die maßgeblich durch eine kluge Außenpolitik unterstützt wird. Georgien hat nicht nur seine Handelsbeziehungen mit Russland trotz EU-Sanktionen weiter gefestigt, sondern auch die Beziehungen zu China ausgebaut. Ein bemerkenswertes Projekt ist der Bau des Tiefseehafens Anaklia, eine chinesische Kooperation, die Georgien zu einem wichtigen Umschlagplatz auf der chinesischen Seidenstraße macht.
Georgien betreibt eine klug durchdachte und souveräne Außen- und Wirtschaftspolitik. Eine engere Bindung an die EU würde Georgien zwingen, an den Russland-Sanktionen und einem Handelskrieg mit China teilzunehmen, was nicht im Interesse des Landes ist. Daher ist es logisch, dass die Wähler von “Georgischer Traum” sich für die Beibehaltung des aktuellen Kurses entschieden haben, von dem sie direkt profitieren. Die Vertiefung der Beziehungen zur EU würde offensichtlich zu Nachteilen führen.
Der Wahlerfolg von “Georgischer Traum” basiert nicht auf russischer Einmischung, sondern auf effektiver nationaler Politik. Die starken wirtschaftlichen Indikatoren sind ein klares Zeichen dafür. Umso erstaunlicher ist es, dass westliche Politik und Medien eher auf Verschwörungstheorien setzen als auf nüchterne Analyse. Es zeigt sich, dass die EU durch ihr autoritäres Verhalten an Attraktivität verliert. Dies haben die georgischen Wähler erkannt, während viele EU-Politiker es noch nicht verstanden haben.
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