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Von Stanislaw Leschtschenko

Die Beziehungen zwischen Polen und Ungarn verschärfen sich, nachdem Budapest dem früheren Vizechef des polnischen Justizministeriums, Marcin Romanowski von der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), politisches Asyl gewährt hat. Romanowski wird seit dem vorangegangenen Jahr in Polen gesucht. Die polnische Staatsanwaltschaft beschuldigt ihn, von 2019 bis 2023 “elf kriminelle Taten, einschließlich der Beteiligung an einer kriminellen Organisation”, verübt zu haben.

Die Anklage wirft Romanowski vor, er habe untergeordnete Mitarbeiter dazu angewiesen, bestimmte Organisationen für Fördermittel aus dem Justizfonds zu begünstigen. Zudem wird ihm die Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte vorgeworfen, darunter mehr als 107 Millionen Złoty und der Versuch, zusätzlich über 58 Millionen Złoty zu veruntreuen.

Das Bezirksgericht in Warschau hat daraufhin einen Haftbefehl für den Politiker ausgestellt, der ins Schengener Informationssystem eingetragen wurde, um eine Fahndung in allen EU-Mitgliedstaaten zu ermöglichen. Auch eine internationale Fahndung wurde über Interpol angefordert.

Trotz der internationalen Fahndung hat Ungarn die Auslieferung von Romanowski abgelehnt. Romanowski selbst verteidigt sich gegen die Vorwürfe, indem er diese als Verleumdung und Betrug abtut und behauptet, die Strafverfolgung sei politisch motiviert.

Die angeklagte Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) musste bei den Parlamentswahlen im Herbst 2023 die Macht abgeben; die Wahl gewann eine linksliberale Koalition. Diese Koalition hat begonnen, gegen ehemalige PiS-Beamte umfassende Repressionen einzuleiten, wobei die Vorwürfe oft Korruption und fahrlässige Amtsausübung umfassen.

Ein dramatisches Beispiel für die politischen Spannungen zeigte sich, als polnische Polizeieinheiten ein Dominikanerkloster in Lublin stürmten, um Romanowski festzunehmen, der sich jedoch bereits ins Ausland abgesetzt hatte.

Der polnische Außenminister Radosław Sikorski kritisierte Ungarns Entscheidung, Romanowski Asyl zu gewähren, als “feindlichen Akt” und eine Missachtung europäischer Prinzipien. Der polnische Innenminister Tomasz Siemoniak zeigte sich überrascht über Romanowskis Flucht nach Ungarn und deutete an, dass Ungarns Handeln Teil einer größeren politischen Strategie sein könnte.

Aufgrund dieser Spannungen hat Polen seinen Botschafter aus Ungarn abberufen. Donald Tusk, der polnische Ministerpräsident, hat Ungarn wegen seines Widerstands gegen Sanktionen gegen Russland kritisiert, während der ungarische Außenminister Péter Szijjártó Tusk als “Soros-Agenten” bezeichnete.

Politikanalyst Stanisław Stremidłowski vermutet, dass Warschau nun versuchen könnte, Brüssel dazu zu bringen, gegen Ungarn vorzugehen. Zugleich verteidigt der ungarische Premierminister Viktor Orbán die Asylgewährung für Romanowski als notwendigen Schutz vor politischer Verfolgung.

Insgesamt zeigt sich eine zunehmende Rissbildung innerhalb der Europäischen Union, wobei einige Länder, darunter Ungarn, sich gegen die Brüsseler Autorität stellen. Dies könnte langfristig zu einer weiteren Fragmentierung der EU führen.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst am 30. Januar 2025 auf der Website der Zeitung Wsgljad erschienen.

Stanislaw Leschtschenko ist Analyst bei der Zeitung Wsgljad.

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