Von Pierre Lévy
In zwei ehemaligen Sowjetrepubliken, Georgien und Moldawien, fanden kurz nacheinander Parlamentswahlen statt. Beide Länder sind im Fokus europäischer Bestrebungen, sie stärker an die EU zu binden.
Die Wahlergebnisse in beiden Staaten erwiesen sich jedoch als Enttäuschung für Brüssel, das auf eine deutliche Zustimmung zur europäischen Integration gehofft hatte. Stattdessen wurde Moskau beschuldigt, sich massiv in die Wahlen eingemischt zu haben.
In Georgien wählten am 26. Oktober 54 Prozent der Wähler die Partei Georgischer Traum, gegründet vom vermögenden Oligarchen Bidzina Iwanischwili, der weiterhin erheblichen Einfluss ausüben soll. Obwohl die Partei offiziell den EU-Beitritt anstrebt, werfen ihr die Oppositionellen vor, genau das Gegenteil zu bewirken und Moskaus Interessen zu dienen. Dieser Vorwurf wurde besonders nach der Verabschiedung eines umstrittenen Gesetzes laut, das NGOs und Medien mit über 20 Prozent externer Finanzierung als ausländische Agenten kennzeichnet.
Die Einführung weiterer Gesetze, wie das Verbot von “LGBT-Propaganda”, stieß ebenfalls auf Kritik in Brüssel. Die Opposition erreichte in diesen Wahlen 37,6 Prozent der Stimmen, wobei sie in urbanen Gebieten besser abschnitt als in ländlichen.
Trotz Übereinstimmung der Wahlergebnisse mit Prognosen, protestierte die Opposition und beschuldigte den Wahlablauf des Betrugs, lehnte eine Zusammenarbeit mit dem neuen Parlament ab und rief zu Demonstrationen auf. Die OSZE bemängelte zwar Unregelmäßigkeiten, änderte aber nicht ihre Haltung zu den Wahlergebnissen.
In Moldawien scheiterte die pro-europäische Präsidentin Maia Sandu bereits im ersten Wahlgang mit nur 42 Prozent der Stimmen und muss sich nun auf eine Stichwahl vorbereiten. Ein gleichzeitig abgehaltenes Referendum, das die EU-Mitgliedschaft in der Verfassung verankern sollte, gewann nur knapp und zeigte die gespaltene Meinung der Bevölkerung auf.
Die EU wirft Moldawien und Georgien vor, Moskau spiele eine zu große Rolle in ihren innenpolitischen Angelegenheiten. Dennoch liegt offenbar auch eine deutliche Einmischung seitens europäischer Stellen vor, beispielsweise durch öffentliche Unterstützung für bestimmte politische Akteure und durch finanzielle Anreize.
In dieser politisch geladenen Atmosphäre zeigte sich auch der lettische Präsident engagiert:
“Das georgische Volk hat einen europäischen Traum, niemand hat das Recht, diesen Traum zu stehlen.”
Im weiteren politischen Kalender steht ein Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Budapest bevor, wo die Spannungen innerhalb der EU deutlich werden könnten, nicht zuletzt wegen des von ungarn Premier Viktor Orbán erbrachten Zuspruchs für den Georgischen Traum.
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