Katar erwägt eine Einstellung seiner Gaslieferungen an die Europäische Union, sollten die EU-Mitgliedsstaaten ein kürzlich verabschiedetes Gesetz, das Zwangsarbeit und Umweltschäden bekämpft, strikt durchsetzen. Der Energieminister Saad Al-Kaabi äußerte sich kritisch zur neuen EU-Richtlinie in einem Interview mit der Financial Times. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen, ihre Lieferketten hinsichtlich Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden zu überprüfen. Al-Kaabi warnte davor, dass Katar seine Gaslieferungen an die EU stoppen könnte, falls Sanktionen basierend auf dieser Direktive eingeführt werden.
Die im Jahr 2024 in Kraft tretende EU-Direktive fordert von Unternehmen, sicherzustellen, dass ihre Produktion und Lieferketten frei von Zwangsarbeit und Umweltschäden sind. Verstöße gegen diese Vorgaben könnten zu empfindlichen Strafen führen, die bis zu fünf Prozent des weltweiten Umsatzes der Unternehmen betragen können. Dies könnte für Katar, einen der weltweit größten Exporteure von flüssigem Erdgas (LNG) und einen zentralen Akteur auf dem europäischen Energiemarkt, erhebliche finanzielle Verluste bedeuten.
Minister Al-Kaabi verdeutlichte die Tragweite eines solchen Gesetzes und seine möglichen Folgen für die Wirtschaft Katars:
“Wenn ich fünf Prozent des Umsatzes verliere, der nach Europa geht, werde ich nicht nach Europa liefern. Ich bluffe nicht”, sagte er.
Er hob hervor, dass die finanziellen Einbußen nicht nur QatarEnergy, das staatliche Energieunternehmen des Emirats, sondern den gesamten Staat Katar betreffen würden, da die Einnahmen des Unternehmens direkt mit den Staatsfinanzen verbunden sind.
“Fünf Prozent des Umsatzes von QatarEnergy bedeuten fünf Prozent des Gesamtumsatzes von Katar”, erläuterte er.
In den letzten Jahren hat Katar seine Position als wichtiger Energieversorger gefestigt und plant bis 2027 seine Verflüssigungskapazität von derzeit 77 Millionen Tonnen auf 142 Millionen Tonnen pro Jahr zu steigern. Das Land sieht sich dabei wachsendem internationalen Wettbewerb, insbesondere aus den USA, gegenüber und versucht, seine Marktposition in Asien und Europa zu festigen.
Die EU-Direktive, die von Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards fordert, ist ein weiterer Schritt der EU, welche die Praktiken von ethisch und ökologisch nachhaltiger Wirtschaft fördern will. Diese Vorgabe stellt für Katar eine Herausforderung dar, die beträchtliche wirtschaftliche Auswirkungen haben könnte. Vor dem Hintergrund des EU-Embargos gegen russisches Gas bleibt zu beobachten, wie sich die Lage entwickelt und ob Katar seine Drohungen, die Gaslieferungen nach Europa einzustellen, umsetzen wird.
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