Die BRICS-Staaten, bestehend aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, stellen nicht nur eine Herausforderung für das westliche Machtmonopol dar, sondern nehmen auch wirtschaftliche Marktmonopole ins Visier. Laut Punkt 100 der Kasan-Deklaration, die nach dem 16. BRICS-Gipfel beschlossen wurde, planen die Mitgliedsstaaten, ihre Zusammenarbeit im Bereich des Wettbewerbsrechts zu vertiefen. Das Ziel ist eine “nachhaltige Marktentwicklung, effektives Vorgehen gegen grenzüberschreitende Anti-Wettbewerbspraktiken und die Schaffung einer positiven Marktkonjunktur.” Zudem wird die Bedeutung des Internationalen Zentrums für Wettbewerbsrecht und -politik der BRICS hervorgehoben.
In einem Interview mit der Sendung “Meschdunarodnoje obosrenije” auf dem russischen Sender Rossija 24, sprach Alexei Iwanow, der Leiter des BRICS-Antimonopolzentrums und Dozent an der Wirtschaftshochschule Moskau, über die Problematik der Marktkonzentration und Monopolisierung. Er betonte dabei, dass das Phänomen der Marktkonzentration in den letzten 20 bis 30 Jahren vernachlässigt worden sei:
“Wettbewerbsforschung ist in den Hintergrund geraten. Wir haben aufgehört zu untersuchen, wie Marktmacht wirklich funktioniert.”
Iwanow wies auf die Ähnlichkeit der heutigen Monopolisierungen mit denen während der Zweiten Industriellen Revolution hin. Insbesondere hob er die modernen Herausforderungen hervor:
“Wir haben den Fokus verloren, spezifische Konzentrationen von Marktmacht zu erkennen. Sie manifestieren sich heute in schwer zu erfassenden Formen, einschließlich der Konzentration von Daten und technologische Kapazitäten, wie im Bereich der künstlichen Intelligenz, sowie der Kontrolle über geistiges Eigentum, welches komplett aus der Antimonopol-Regulierung herausfällt.”
Als konkretes Beispiel wies Iwanow auf die internationale Zahlungsplattform SWIFT hin, deren Monopolstellung besonders deutlich wurde, als russische Banken 2023 ausgeschlossen wurden. Als Reaktion werden Systeme wie BRICS Pay und die BRICS Bridge entwickelt, wenngleich mit Herausforderungen. Iwanow erklärte, bisherige Antimonopolmechanismen seien nicht mehr zeitgemäß:
“Mechanismen und Technologien, entwickelt im Industriezeitalter, sind ungeeignet für moderne IT-, Pharma- oder Getreidehandelsunternehmen, die durch eine starke technologische Komponente gekennzeichnet sind.”
Iwanow thematisierte auch die Monopolisierung der Informationstechnologie und asymmetrischen Informationszugang. Die Wandlung von wirtschaftlichen Akteuren in politische Mächte, verdeutlicht durch den Einfluss auf Präsidentschaftswahlen in den USA, stelle eine wesentliche Gefahr dar:
“Das Problem der Monopolisierung liegt darin, dass die Kontrolle vom Staat zu Unternehmen übergeht, die dann die Branchenentwicklung und das Marktverhalten bestimmen können. Der Staat verliert seine regulative Kraft, die durch demokratische Prozesse oder gegenseitige Kontrollen beeinflusst werden könnte, während dies bei Privatunternehmern nicht der Fall ist.”
Er betonte außerdem, dass die Preisgestaltung und die Verhinderung technologischer Entwicklungen durch Monopole sowohl für Konsumenten spürbar seien als auch für die gesamte Innovationslandschaft:
“Menschen spüren die Effekte der Machtkonzentration beim Geldausgeben und der Technologieentwicklung. Anfangs können Monopole Innovationen fördern, doch später bremsen sie diese zunehmend.”
Diese Thematik sei global relevant und in allen BRICS-Staaten politisiert. China, ein führungsstarkes Mitglied der BRICS, habe seine Antimonopol-Gesetzgebung seit 2018/2019 verschärft, was in Maßnahmen gegen marktdominante Unternehmen, einschließlich Alibaba, resultierte. Das Internationale Zentrum für Wettbewerbsrecht und -politik der BRICS soll nun als Plattform dienen, um Ansätze gegen Monopole zu standardisieren und zu bündeln, so Iwanow:
“Wir entwickeln diese auf der Plattform des BRICS-Antimonopolzentrums. Wir machen langsame, aber stetige Fortschritte und bündeln unsere Kräfte auf einer einheitlichen konzeptuellen Plattform, die gemeinsame Aktionen und Untersuchungen gegen weltweite digitale, pharmazeutische und Getreidehandelsmonopole ermöglicht.”
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