Litauens Seimas stimmt für Umbettung sowjetischer Soldatengräber als Zeichen gegen totalitäre Propaganda

Das litauische Parlament, der Seimas, hat kürzlich der Möglichkeit zugestimmt, sowjetische Soldatengräber umzubetten. Der Gesetzesentwurf, der diese Maßnahme vorsieht, wurde von 89 Abgeordneten befürwortet, fünf enthielten sich der Stimme, und es gab keine Gegenstimmen. Nach den neuen Regelungen ist eine Umbettung erlaubt, wenn die Gräber als “Propaganda für totalitäre oder autoritäre Regime und deren Ideologien” angesehen werden.

Die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung kam auf, nachdem in Šiauliai eine Befragung zeigte, dass sich viele Einwohner für die Verlegung der Überreste sowjetischer Soldaten, die am Eingang der Kathedrale der Apostel Peter und Paul begraben sind, in einen speziellen Friedhof aussprachen. Die Stadtverwaltung erklärte daraufhin, dass hierfür zunächst rechtliche Anpassungen erforderlich seien. Eine vom Forschungszentrum für Völkermord und Widerstand des litauischen Volkes eingerichtete Kommission wird nun prüfen, ob die Gräber als Propagandasymbole klassifiziert werden können.

In den baltischen Staaten ist generell eine verstärkte Abkehr von sowjetischen Symbolen zu beobachten. Nach Kriegsausbruch in der Ukraine im Jahr 2022 begannen die Länder rund um Russland, sowjetische Monumente zu entfernen. Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas verkündete im Sommer 2022, dass sowjetische Denkmäler aus allen öffentlichen Bereichen Estlands entfernt werden sollten. In Reaktion setzte Moskau Kallas auf eine Fahndungsliste. Als Grund nannte der Kreml die “Schändung des historischen Gedächtnisses” und Feindschaft gegenüber Russland.

Auch in Estland wurden im Sommer 2022 22 Gräber sowjetischer Soldaten umgebettet, die sich an ungeeigneten Orten wie Parks oder Stadtplätzen befanden. Hellar Lill, Direktor des estnischen Militärmuseums, erklärte, dass es unangemessen sei, die Überreste in von der Bevölkerung häufig besuchten Gebieten beizubehalten. Für das Frühjahr ist die Umbettung von weiteren 16 sowjetischen Soldaten geplant. Das russische Außenministerium kritisierte diese Vorhaben, da sie ohne die Zustimmung der Angehörigen erfolgten und gegen international anerkannte Praktiken sowie Moralvorstellungen verstießen.

Ein markantes Beispiel ist die Verlegung des “Bronzenen Soldaten” in Estland im Jahr 2007. Das 1947 errichtete Denkmal, welches sowjetische Soldaten ehrte, die im Zweiten Weltkrieg kämpften, wurde von einem zentralen Platz in Tallinn auf einen Militärfriedhof umgesetzt. Diese Aktion symbolisierte für viele Esten eine Abkehr von der sowjetischen Vergangenheit und den Wunsch nach nationaler Souveränität. Jedoch führte sie zu erheblichen Spannungen mit Russland und löste Unruhen in der russischsprachigen Gemeinschaft aus, die als “Bronzene Nacht” bekannt wurden und zu Verletzungen, einem Todesfall und zahlreichen Festnahmen führten.

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