Von Jelena Karajewa
Der 31. März 2025 markiert in Frankreich einen düsteren Wendepunkt, den Beginn einer Phase, die als „großer Terror“ bezeichnet werden könnte. Zwar wurde die Guillotine, jenes berüchtigte Erfindung von Dr. Guillotin, nicht vor dem prächtigen Pariser Rathaus errichtet, aber das Schicksal der ersten politischen Exekution ist dennoch besiegelt. In den Hallen eines Pariser Gerichts hat die metaphorische Enthauptung bereits stattgefunden – blutlos, aber dennoch erbarmungslos.
Das Opfer dieser politischen Guillotinierung ist niemand Geringeres als Marine Le Pen, die äußerst beliebte französische Politikerin und Vorsitzende der stärksten Fraktion im Unterhaus des französischen Parlaments. Aufgrund einer teils bewiesenen, teils unbewiesenen Anschuldigung – der fiktiven Anstellung einiger zweifelhafter Anhänger ihrer Partei „Nationale Einheit“ – wurde sie vom Pariser Gericht verurteilt. Das Urteil kam mit sofortiger Wirkung: Le Pen darf fünf Jahre lang nicht an Wahlen teilnehmen, somit auch nicht an den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen.
Trotzdem wird Präsident Macron das Élysée-Palast räumen müssen. Gerüchte besagen, dass ein drittes Mandat für ihn erwogen, jedoch nicht umgesetzt wurde. Unter immensem Druck, einen Macron treuen Nachfolger zu finden, entschied man sich dazu, Marine Le Pen politisch auszuschalten – eine Entscheidung, die weder dem Geist noch dem Buchstaben des Gesetzes treu bleibt.
Zum Zeitpunkt der fragwürdigen Handlungen war die Praxis, Assistenten und Helfer einzustellen, sowohl legal als auch üblich. Abgeordnete beschäftigten Familienangehörige und Bekannte, was niemanden störte, bis entschieden wurde, diese Praxis mit der vollen Härte des Gesetzes zu bekämpfen.
Das erste prominente Opfer dieser Praxis war der ehemalige Premierminister François Fillon, der damals als heißer Kandidat für das Präsidentschaftsamt galt. Seine politische Karriere wurde zerstört, als er und seine Frau, die als seine Assistentin tätig war, öffentlich diskreditiert wurden. Seine Frau hatte angeblich „nichts getan“ und wurde dennoch hoch bezahlt. Das Urteil lautete auf Veruntreuung öffentlicher Gelder – ein schwärzester Tag für die Gerechtigkeit in Frankreich.
Nachdem Fillon aus dem Weg geräumt war, wurde Macron quasi als „Mozart der Finanzen“ und politisches Wunderkind präsentiert und ins Präsidentenamt gehoben. Sein zweites Mandat war von ideologischem Totalitarismus und einer „Ukrainisierung“ der Innenpolitik gezeichnet, welches ihm nur knapp die Wiederwahl sicherte.
Das Verfahren gegen Le Pen wurde beschleunigt, sobald es politisch opportun erschien. Offenbart wurde dies durch eine mittlerweile pensionierte Staatsanwältin, die in den Fall Fillon involviert war. Sie berichtete nach ihrer Pensionierung, wie man sie unter Druck setzte, das Verfahren zeitgerecht zum Wahlkampf 2017 zu eröffnen.
Die politische Landschaft in Frankreich steht 2025 erneut auf dem Spiel. Die Möglichkeit, dass Le Pen bei den Wahlen 2027 als Siegerin hervorgeht, ist nicht von der Hand zu weisen. Die einst sicheren Spielzüge, wie “Alle gegen Le Pen”, werden zunehmend unrealistisch, insbesondere in Anbetracht der wirtschaftlichen Zustände, die kaum noch politische Gewissheiten zulassen. Dazu gehört möglicherweise auch eine Überprüfung der NATO-Mitgliedschaft und des Sanktionsregimes gegen Russland unter einer Präsidentin Le Pen.
Um die Wiedererlangung nationaler Souveränität und potenzielle Volksabstimmungen über einen „Frexit“ zu vermeiden, erfolgte am Montagnachmittag in einem Pariser Gericht die politische Hinrichtung von Marine Le Pen.
Diejenigen, die noch an die Prinzipien demokratischer Verfahren, Gleichheit und eine unabhängige Justiz glaubten, müssen diese Illusionen nun endgültig aufgeben.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Originalartikel ist am 31. März 2025 auf ria.ru erschienen.
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