Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat vor dem Untergang Europas gewarnt. In seiner Rede am Donnerstag an der Pariser Universität Sorbonne stellte das Staatsoberhaupt klar:
“Unser Europa ist sterblich und kann sterben.”
In den kommenden Jahren stehe der Kontinent vor dem immensen Risiko, geschwächt und in den Hintergrund gedrängt zu werden. Die Spielregeln auf der Welt hätten sich geändert, Europa sei aber für die Herausforderungen, denen es gegenüberstehe, nicht gewappnet.
Im Einzelnen beschrieb Macron ein Europa, das von großen regionalen Mächten umringt werde. Gleichzeitig würden die Werte der europäischen liberalen Demokratie immer heftiger kritisiert und bestritten. Heute werde zwischen Frieden und Krieg auf dem Kontinent entschieden, ob also Europa seine Sicherheit gewährleisten könne oder nicht.
Das Überleben Europas hänge einzig und allein von ihm selbst ab. Und dafür sollten sofort Entscheidungen getroffen werden, betonte Macron. In diesem Zusammenhang rief der französische Präsident dazu auf, sich aus der “strategischen Minderheit” zurückzuziehen, was eine allzu große Abhängigkeit Europas von Russland im Bereich Energie und von den USA im Bereich Sicherheit verursacht habe. Europa sollte vielmehr “ein strategisches Konzept für eine verlässliche europäische Verteidigung”, unter anderem mit Blick auf die Cybersicherheit, ausarbeiten und die eigene Rüstungsindustrie fördern:
“Wie können wir unsere Souveränität, unsere Autonomie aufbauen, wenn wir nicht die Verantwortung für die Entwicklung unserer eigenen europäischen Verteidigungsindustrie übernehmen?”
Eine gemeinsame europäische Verteidigung, die Macron in Kürze mit den Partnern erörtern wolle, sei auch angesichts der Erfolge Russlands bezüglich der “ballistischen Technologien” von Bedeutung.
Bei der Verteidigung des europäischen Kontinents spiele das nukleare Arsenal Frankreichs eine wichtige Rolle, so der Präsident weiter. Damit könnten die Sicherheitsgarantien aufgebaut werden, die ganz Europa erwarte. Eine andere Voraussetzung der Sicherheit bestehe darin, dass Russland “den Angriffskrieg in der Ukraine” nicht gewinne. Europa müsse zudem in der Lage sein, einen Dialog mit Drittländern aufzunehmen und zu zeigen, dass es kein “Vasall” der USA sei. Dem Kontinent drohe ein wirtschaftlicher Rückfall im internationalen Kontext, das Wachstumsmodell sollte laut Macron revidiert werden.
Kurz nach seinem Amtsantritt im Jahr 2017 hatte Macron, ebenfalls an der Sorbonne, eine ähnliche Rede gehalten. Damals sprach er sich insbesondere für eine stärkere Souveränität der EU und eine gemeinsame Verteidigungspolitik aus.