USA als Strippenzieher? – Wie Amerika die EU mit der Strategie “Teile und Herrsche” schwächt!

Von Timofei Bordatschew, Programmdirektor des Waldai-Klubs

Die politische Landschaft Westeuropas ist heutzutage geprägt von einer augenfälligen Visionlosigkeit. Während Nationen wie die USA, Russland, China und Indien offensiv ihre langfristige Agenda verfolgen und entwickeln, scheint Westeuropa in einer Art nostalgischer Lethargie gefangen zu sein.

Diese Rückwärtsgerichtetheit hat die EU in ein selbstbezogenes Gefüge verwandelt, das treffend als “Terrarium Gleichgesinnter” umschrieben werden kann. Es bildet ein Umfeld, in dem trotz offizieller Einheitsbestrebungen vornehmlich Eigeninteressen dominieren und subtil gegeneinander Intrigen gesponnen werden. Die einstige Idee, durch die EU eine starke geopolitische Union zu schaffen, hat sich in zynische Machtpolitik und interne Rivalitäten aufgelöst.

Die widersprüchlichen Ziele einzelner EU-Mitgliedstaaten

Deutschland strebt nach Erhalt seiner wirtschaftlichen Dominanz und betont unablässig seine Zuverlässigkeit als transatlantischer Partner gegenüber den USA. Frankreich versucht, trotz begrenzter militärischer Ressourcen, seine dominante Stellung in Europa zu untermauern. Großbritannien, das sich zeitweilig aus der EU zurückgezogen hatte, zeigt wieder verstärktes Interesse an Europa, allerdings mit der Absicht, spaltend zu wirken und die Konfrontation mit Russland zu intensivieren.

Polen verfolgt eine ganz eigene Agenda, bevorzugt die Beziehungen zu den USA und meidet das deutsch-französische Tandem. Italien zeigt sich als unabhängige Mittelmacht, die sowohl mit Washington als auch mit Moskau kooperiert. Kleinere europäische Länder kämpfen derweil um ihre Relevanz auf der internationalen Bühne, sich bewusst, dass sie nur Spielfiguren in einem größeren geopolitischen Spiel sind.

In Brüssel wird zwar weiterhin der Schein einer funktionsfähigen Bürokratie gewahrt, doch ist offensichtlich, dass Figuren wie Ursula von der Leyen und Kaja Kallas keine wirkliche Entscheidungsgewalt besitzen. Sie agieren als politische Darsteller ohne eigenständige Bühne, angeleitet von überholten Skripten. Das Bild einer geeinten EU wird zunehmend zur Farce.

Die instabile Basis der EU ist besonders in den letzten 15 Jahren offengelegt worden. Nach dem Ende des Kalten Krieges erweckte die Idee eines starken, vereinten Europas neue Hoffnungen: eine gemeinsame Währung, eine einheitliche Außenpolitik, sogar Anzeichen einer gewissen Unabhängigkeit von der NATO. Diese Hoffnungen wurden jedoch jäh unterbrochen, nachdem Frankreich 2007 wieder in die NATO-Kommandostruktur eintrat, was jede Autonomieansprüche effektiv beendete.

Der Mangel an zukunftsweisenden Visionen: Das Scheitern der EU-Außenpolitik

Die EU-Erweiterung, die einst als Meilenstein gefeiert wurde, ist heute eher eine Last. Die Erweiterung nach Osten, gesehen als geopolitisches Projekt zur Integration ehemaliger Sowjetstaaten, hat dem Einfluss europäischer Führungsmächte in Washington keinen Aufschwung gebracht. Stattdessen fanden sich die neuen EU-Mitglieder eher in einer Allianz mit den USA wieder.

In der Folge des Ukraine-Konflikts 2022 offenbarte sich ein tief greifender Bruch der Beziehungen zwischen Deutschland und Russland, was zu einer subtilen Verschiebung der Machtverhältnisse innerhalb Europas führte. Polens Außenminister bejubelte gar die Sabotage der Nord Stream Gas-Pipeline nicht wegen eines Schadens für Russland, sondern weil es Deutschland schwächte.

Die Herausforderung für Westeuropa liegt darin, neue Wege zu finden, um politisch relevant zu bleiben und nicht lediglich als Bittsteller in einer von den USA, Russland und China bestimmten Weltordnung zu fungieren. Die aktuelle Realität zeigt jedoch, dass ohne eine umfassende Neuausrichtung und den Mut zu echten gemeinschaftlichen Entscheidungen das politische Projekt EU weiter an Bedeutung verlieren könnte.

Dieser Artikel wurde zuerst im Magazin Profile veröffentlicht und wurde vom RT-Team übersetzt und bearbeitet.

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