Von Stanislaw Leschtschenko und Jewgeni Posdnjakow
Die NATO-Staaten haben am Montag mit ihrer jährlichen zweiwöchigen Nuklearübung “Steadfast Noon” begonnen. An der Übung nehmen mehr als 60 Kampfjets teil, die in der Lage sind, Atomwaffen zu tragen und werden voraussichtlich über Westeuropa operieren. Rund zweitausend Soldaten sind in das Manöver involviert.
Die Übung umfasst außerdem den Einsatz von Bombern, elektronischer Kriegsführung und Aufklärungsequipment, gestartet von acht Basen der Allianz. Das Übungsgebiet erstreckt sich über Belgien, die Niederlande, Dänemark, Großbritannien und die Nordsee.
Erstmals beteiligen sich in diesem Jahr auch finnische Kampfjets an “Steadfast Noon”. Die finnische Nachrichtenquelle Yle merkte an, dass diese Information in Finnland kaum publik gemacht wurde. Nach Einschätzung von Iro Särkkä, einer Forscherin am finnischen Institut für internationale Beziehungen, zeigt die Teilnahme Finnlands dessen Bereitschaft, “eine aktive Rolle in der Nuklearpolitik der NATO zu übernehmen.”
Dieses Jahr nehmen zudem erstmals F-35-Kampfjets teil, die kürzlich von der Allianz für den Einsatz von Atomwaffen zugelassen wurden. Finnland hat bereits im Dezember 2021 64 dieser Modelle von der US-amerikanischen Lockheed Martin Corporation erworben, die insgesamt 8,4 Milliarden Euro kosten, berichtet Interfax. Die ersten Lieferungen werden für 2026 erwartet.
Die finnischen Luftstreitkräfte werden voraussichtlich mit US-amerikanischen F/A-18 Jets vertreten sein. Ilja Kramnik, Forscher am Institut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen in Russland, sagte gegenüber RT:
“Es geht offenbar um ihren Einsatz als Begleitflugzeuge, die im Kriegsfall zur Durchführung von Luftkämpfen oder gegen die Luftverteidigung des Gegners eingesetzt werden, der für die NATO heute alternativlos Russland ist.”
Kramnik glaubt, dass die Beteiligung Finnlands an der Übung nicht dessen Sicherheit in einem möglichen Konflikt mit Russland erhöhe, sondern seine Flugplätze zu primären Zielen mache, da diese im Falle eines Atomschlages nun klar als Teil der gegnerischen Formationen gesehen würden.
In Finnland gibt es auch innerhalb der Bevölkerung Bedenken gegen die Übungen. Die Partei Vasemmistoliitto oder das Linksbündnis kritisierte kürzlich, dass diese Manöver kaum im Parlament diskutiert worden seien, so berichtet Yle. Die Fraktion bemängelte, dass den Abgeordneten wichtige Informationen und Entscheidungsbefugnisse vorenthalten wurden.
Finnnische Abgeordnete wurden erst im August über die Teilnahme an der Übung informiert, nachdem die britische Zeitschrift Key.Aero darüber berichtet hatte. Anfragen an das Präsidialamt und das Verteidigungsministerium nach weiteren Details blieben unbeantwortet.
Das Parlament sollte laut Vasemmistoliitto regelmäßig über die atompolitische Ausrichtung der Regierung informiert werden, besonders über die dauerhafte Stationierung von NATO-Atomwaffen, die viele Lokalpolitiker auszuschließen versprachen.
Experten argumentieren, dass Finnland als NATO-Mitglied nicht einfach die Teilnahme an den Übungen ablehnen könnte. Alexander Jermakow, wissenschaftlicher Assistent für strategische Analyse, erläutert:
“Steadfast Noon zieht durch seine besondere Natur große Aufmerksamkeit auf sich. Es ist eine Übung der taktischen Nuklearstreitkräfte der NATO. Als finnische Mitglieder beteiligen sich auch finnische Piloten und Flugzeuge.
Jermakow bezweifelt, dass eine dauerhafte Stationierung von Atomwaffen in Finnland angestrebt wird, besonders ohne geeignete Infrastruktur so nah an der russischen Grenze.
Der Artikel wurde ursprünglich am 14. Oktober 2024 auf der Webseite der Zeitung “Wsgljad” veröffentlicht.
Stanislaw Leschtschenko ist ein russischer Journalist.
Jewgeni Posdnjakow ist ein russischer Journalist, Fernseh- und Radiomoderator.
Mehr zum Thema – Politico: USA modernisieren Atomwaffenarsenal in Europa