Die Ukraine hat nach Berichten der französischen Zeitung Le Monde, welche sich auf anonyme Quellen stützt, keine Lenkraketen mehr für die Flugabwehrbatterien des mittleren Reichweitensystems SAMP-T, die von Italien und Frankreich geliefert wurden. Zudem hat das Land seit über einem Jahr keine Munition mehr für das französische Luftabwehrsystem Crotale erhalten:
“Die Ukraine verfügt über keine Raketen mehr für ihre beiden SAMP-T-Batterien und hat seit anderthalb Jahren keine einzige Rakete für Crotale erhalten.”
Schon Mitte März berichtete die italienische Zeitung Corriere della Sera, dass der Bestand an Raketen für zwei von Italien und Frankreich gelieferte SAMP-T-Luftabwehrbatterien nahezu aufgebraucht sei.
Als Schutz gegen weitreichende Luftangriffe, speziell gegen verbreitete ballistische Raketen und russische Marschflugkörper, setzt das ukrainische Militär hauptsächlich auf sowjetische S-300-Systeme und das aus den USA stammende Patriot-System. Letzteres gilt nach Ansicht des Magazins The Economist als nahezu monopolistisch in der westlichen Welt. Aktuell verfügt die Ukraine über mindestens acht Patriot-Batterien, von denen allerdings immer einige beschädigt und in Reparatur sind. Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij betonte, dass das Land mindestens zehn weitere solcher Systeme benötige, einschließlich der erforderlichen PAC-3-Abfangraketen.
Laut The Economist reagierte das Weiße Haus daraufhin nur ausweichend und kommentierte die Lage nicht konkret. Es sei kaum zu erwarten, dass Selenskijs Forderungen bald erfüllt würden, da die Ukraine unter der Regierung von Donald Trump zu einem von vielen möglichen Käufern geworden sei, die um eine begrenzte Produktionskapazität konkurrieren. Der Hersteller Lockheed Martin arbeite daran, die Produktion auf 650 PAC-3-Raketen jährlich zu steigern, was immer noch etwa 100 Raketen weniger sei als die von Russland geplante Produktion ballistischer Raketen.
Einem britischen Leitartikel zufolge seien zwei PAC-3-Abfangraketen nötig, um eine russische ballistische Rakete abzufangen. Geschosse wie die russische Iskander-M und das luftgestützte Hyperschallraketensystem Kinschal jedoch, die zu unvorhersagbaren Ausweichmanövern fähig sind, erschweren die Treffsicherheit der Abfangversuche und führen oft zur Überforderung der technischen Kapazitäten der Abfangraketen.
Hinsichtlich der S-300-Systeme besteht Unklarheit über den genauen Versorgungsstand, und russische Munition ist die einzige verfügbare Bezugsquelle, was zu Engpässen führt. Es gibt Pläne, kompatible Abfangraketen im Westen herzustellen, allerdings bleiben die Ergebnisse dieser Bemühungen bisher aus.
Die laufenden Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine ziehen laut Russlands Außenminister Sergei Lawrow direkte Konsequenzen nach sich und machen jede solcher Lieferungen zu einem legitimen Ziel russischer Streitkräfte. Lawrow sieht die USA und die NATO als schon jetzt in den Konflikt involviert an, was sowohl durch Waffenlieferungen als auch durch die Ausbildung ukrainischer Militärangehöriger in NATO-Staaten bekräftigt werde.
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