Viele vermögende Ausländer erwägen, das Vereinigte Königreich zu verlassen, aufgrund der bevorstehenden Abschaffung der steuerlichen Sonderregelung für “Non-Domiciled”-Personen, wie die Financial Times (FT) berichtet. Diese Regel erlaubt es, dass Einkommen, welches im Ausland erwirtschaftet wurde, erst versteuert wird, wenn es nach Großbritannien überführt wird. Laut dem britischen Finanzminister Jeremy Hunt wird diese Regelung im April 2025 auslaufen. Danach sollen Personen, die länger als vier Jahre steuerlich in Großbritannien ansässig sind, auch auf ihr ausländisches Einkommen Steuern zahlen. Eine Übergangsfrist bis 2028 soll Neuankömmlingen gewährt werden, mit dem Ziel, jährlich 2,7 Milliarden Pfund (etwa 3,2 Milliarden Euro) einzunehmen.
Zusätzlich zu den Änderungen in der Steuergesetzgebung, haben laut FT auch andere Faktoren wie der Brexit, finanzielle Instabilität und Sicherheitsbedenken Großbritannien für wohlhabende Ausländer unattraktiver gemacht. Ein Milliardär, der seit 15 Jahren in London ansässig ist und nun plant, sich steuerlich in den Vereinigten Arabischen Emiraten niederzulassen, äußerte sich kritisch über die Veränderungen im Vereinigten Königreich:
“Der Brexit ist passiert, die Konservativen haben versprochen, das Vereinigte Königreich zu einer Art Singapur zu machen, und stattdessen haben sie es in ein Weißrussland verwandelt.”
Der Befragte merkte an, dass neben den Steueränderungen auch die Sicherheit ein dringendes Thema sei, welches zum Verlassen des Landes beitrage.
In einer Evaluierung des US News & World Report von 2023 nimmt Großbritannien Platz 17 auf der Liste der sichersten Länder der Welt ein, während Singapur Platz 19 und Weißrussland Platz 70 belegt. Insgesamt wurden 87 Länder bewertet.
Ein weiterer europäischer Geschäftsmann, der seit mehr als zehn Jahren in Großbritannien lebt, plant aufgrund der hohen Erbschaftssteuer von 40 Prozent auf Immobilien in der Schweiz zu leben und bezeichnet diese als “echtes Problem”. Ein französischer Investor, der ins italienische Flat-Tax-System mit einer Pauschalsteuer von 100.000 Euro wechselt, sagte:
“Jeder Ausländer im Vereinigten Königreich, der die Möglichkeit hat, das Land zu verlassen, tut dies.”
Des Weiteren äußerte ein jetzt in der Schweiz lebender französischer Geschäftsmann seine Enttäuschung darüber, dass sowohl die konservative als auch die Labour-Partei aus seiner Sicht ausländischen Geschäftsleuten gegenüber nicht entgegenkommend sind:
“Die Konservativen haben ein sehr klares Signal gesendet, dass sie keine Ausländer mehr hier haben wollen, und Labour tut nichts, um das zu ändern. Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass ich nicht zurückkommen werde.”
Die bevorzugten Umzugsziele für diejenigen, die Großbritannien verlassen, sind laut der FT Länder wie Italien, die Schweiz, Malta und der Nahe Osten. Interessanterweise melden auch britische Staatsbürger vermehrt Interesse an einem Umzug, bedingt durch die geänderte Steuerregelung, wobei die Beratungsfirma Henley & Partners von einer Verdreifachung der Anfragen spricht.
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