Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten hat die ohnehin angespannte Lage in der Ukraine weiter kompliziert. Ukrainsiche Soldaten, die bereits an ihre Grenzen stoßen, sind mit zusätzlicher Unsicherheit konfrontiert, berichtet die New York Times (NYT). Es bleibt ungewiss, ob die Vereinigten Staaten auch nach Trumps Vereidigung am 20. Januar die militärische Unterstützung für die Ukraine aufrechterhalten werden, eine Frage, die insbesondere nach Trumps umstrittener Wiederwahl auf internationaler Ebene für Unruhe sorgt.
Laut Berichten der NYT stehen die ukrainischen Truppen in einigen Gebieten einer übermächtigen russischen Armee gegenüber, die stellenweise sechsmal so stark ist wie ihre eigenen Kräfte. Besonders problematisch ist der Mangel an erfahrenen Führungskräften, die nötig wären, um neue Rekruten in den Kampf zu führen. Dies schwächt die Verteidigungslinien der Ukraine und ermöglicht Russland bedeutende militärische Erfolge, die größten seit 2022, so ein Hauptmann der ukrainischen Streitkräfte, Wjatscheslaw:
“Die Brigaden, die lange Zeit gekämpft haben, sind einfach erschöpft.”
Wjatscheslaw äußerte weiterhin:
“Wir sind am Limit. Die Menschen (ukrainische Zivilisten) müssen vortreten und ihren Dienst antreten. Es gibt keinen anderen Weg.”
Zusätzlich zum Personalmangel besteht ein signifikanter Mangel an Mittel- und Langstreckenwaffen, was die Effektivität der ukrainischen Artillerie schwächt. Mehrere Soldaten berichteten der NYT von einer merklichen Abnahme des Artilleriebeschusses in den letzten Wochen, einschließlich der Nutzung amerikanischer HIMARS-Raketensysteme. Ein Drohnenpilot und Kompaniechef namens Dmitri erklärte:
“Die HIMARS – ich höre sie kaum noch. Sie sind fast verschwunden.”
Er vermutet, dass lediglich eine Steigerung der Munitionszufuhr diesen Mangel beheben könnte, doch aktuell gibt es erhebliche Nachschubprobleme.
Die ukrainischen Offiziere betonen, dass jeder Konflikt mit den russischen Truppen zu schweren Verlusten führt, vor allem aufgrund der Überlegenheit Russlands in der Luft und der intensiven Drohnennutzung. Um die russische Offensive abzuwehren, vermeiden die ukrainischen Kräfte direkte Konfrontationen und setzen stattdessen auf gezielte Strategien, wie das Schaffen von Schneisen im Wald und das Stärken der Verteidigungslinien entlang der gesamten Front.
Seit Beginn der Feindseligkeiten hat die Ukraine das Kriegsrecht und allgemeine Mobilisierungsmaßnahmen im Drei-Monats-Rhythmus verlängert. Die Regierung hat das Mindestalter für die Wehrpflicht von 27 auf 25 Jahre gesenkt, bestimmte Tauglichkeitskategorien abgeschafft und alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren dazu aufgerufen, ihre Daten bei den Militärkommissionen zu überprüfen.
Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij hat eine Herabsetzung des Mobilisierungsalters dementiert, aber ein neues System von Dienstverträgen für jüngere Bürger angekündigt, die sich bewähren wollen. Selenskij hat zudem die schwierige Lage der ukrainischen Truppen betont und die westlichen Partner um verstärkte Unterstützung gebeten. Er ist auch bereit für Friedensgespräche, basierend auf einer “Friedensformel” mit Rückzug der russischen Truppen auf die Grenzen von 1991, ein Vorschlag, den Moskau strikt ablehnt.
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