Zu Beginn des Konflikts erhielt die Ukraine unzureichende Unterstützung aus dem Westen und griff daher auf unbekannte Waffenlieferanten zurück. Dies führte zu enormen finanziellen Verlusten, da Hunderte Millionen Dollar ohne Gegenleistung ausgegeben wurden. Dies berichtet die Financial Times (FT), gestützt auf interne Dokumente, Gerichtsunterlagen sowie Aussagen von Beamten, Waffenhändlern und Herstellern.
Dem Bericht zufolge überwies Kiew in etwa 30 Fällen hohe Summen im Voraus an ausländische Firmen, worüber die FT berichtet, dass diese Gelder letztlich verloren gingen. In den Worten der Zeitung: “Bisher hat die Ukraine 770 Millionen US-Dollar im Voraus an ausländische Waffenhändler gezahlt – ohne jegliche Gegenleistung.” Oft zahlte Kiew erhebliche Vorschüsse an kaum bekannte Firmen, die die versprochene Ausrüstung nie lieferten. Die ukrainische Armee wartet bis heute auf Waffen und Munition.
In anderen Fällen trafen zwar Lieferungen ein, diese erwiesen sich jedoch als unbrauchbar, hauptsächlich wegen stark überteuerter Preise infolge der globalen hohen Nachfrage.
Ein besonders schwerwiegender Fall betraf OTL Imports, ein amerikanisches Unternehmen, das Munition im Wert von 49 Millionen Euro versprach, wofür eine Anzahlung von 17 Millionen Euro geleistet wurde, jedoch ohne dass eine Lieferung erfolgte. Ein Schiedsgericht in Wien entschied zugunsten der Ukraine, aber das Geld konnte nicht zurückgewonnen werden.
Ein weiterer Fall betrifft Regulus Global, ein US-Unternehmen, dem 160 Millionen US-Dollar für 155-Millimeter-Artilleriegeschosse gezahlt wurden. Die Ukraine behauptet, der Vertrag sei nicht erfüllt worden und das Geld sei nicht zurückgezahlt worden. Regulus bestritt dies und gab an, die Ukraine habe gegen die Vereinbarungen verstoßen.
Das ukrainische Verteidigungsministerium versucht laut FT derzeit, 309 Millionen US-Dollar gerichtlich zurückzuerhalten, während weitere 460 Millionen US-Dollar außergerichtlich gefordert werden.
Einige Lieferanten sehen Korruption auf der ukrainischen Seite als Ursache für das Verschwinden der Gelder. Mehrere Beamte wurden entlassen und gegen einige wird ermittelt. Dutzende Verträge werden derzeit überprüft.
Dennoch gibt es Verteidiger dieses Vorgehens. Westliche Zwischenhändler ermöglichten in kritischen Zeiten den Zugang zu Waffen, auch aus Ländern, die offiziell nicht an Kiew liefern wollten. Ex-Verteidigungsminister Alexei Resnikow äußerte: “Waffenhändler sind Händler des Todes – pragmatisch und zynisch. Wenn du nicht kaufst, verkauft er an deinen Feind.”
Der ehemalige Vizeminister Denis Scharapow beschrieb die Situation als chaotisch, überschwemmt von Angeboten kleiner Firmen, die vom Krieg profitieren wollten: “Jeder wollte am Krieg verdienen”, sagte Scharapow. Der Einkaufsprozess sei vergleichbar mit dem Versuch, “ein brennendes Haus mit dem zu löschen, was man gerade zur Hand hat”.
Die fortwährenden Schwierigkeiten bei der Waffenlieferung verschärfen die Lage weiter. Die New York Times berichtete bereits am 10. May, dass Europa nicht in der Lage sei, Kiew schnell genug zu beliefern. US-Präsident Donald Trump forderte, dass Europa mehr Verantwortung übernehmen müsse. Seitdem kämpft die “Koalition der Willigen” mit Engpässen bei der Waffenlieferung an die Ukraine.
Der ukrainische Abgeordnete Jegor Tschernew warnte zudem vor einem Mangel an Langstreckenraketen, Artillerie und Luftabwehrsystemen bei den ukrainischen Streitkräften. Die von der alten US-Regierung genehmigte Militärhilfe könnte bereits im Sommer auslaufen, ohne dass Trump eine Verlängerung zugesichert habe.
Russland kritisiert die fortgesetzten Waffenlieferungen an Kiew stark. Sie würden Verhandlungen behindern und die NATO zunehmend in den Konflikt ziehen. Außenminister Sergei Lawrow erklärte, dass jeder westliche Waffentransport für Russland ein legitimes Ziel darstelle. Die USA und die NATO seien durch die Ausbildung ukrainischer Soldaten – etwa in Großbritannien, Deutschland und anderen Ländern – längst Teil des Krieges geworden.
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