Der Wandel politischer Ausrichtungen in Europa: Von traditionellen zu populistischen Kräften

Von Michael Hudson

In der jüngsten britischen Wahl wurde deutlich, dass sowohl die konservativen als auch die Labour-Partei, trotz ihrer Neigungen zu neoliberaler und kriegsfördernder Politik, kaum noch Unterschiede aufweisen. Diese ähnliche politische Ausrichtung wirft Fragen über die gängige Mediendarstellung auf, die suggeriert, traditionelle zentristische Parteien seien durch nationalistische Gruppierungen herausgefordert.

Obwohl sie sich als “Zentristen” bezeichnen, vertreten die europäischen Mitteparteien weitgehend neoliberale Politiken wie Sozialkürzungen, militärische Aufrüstung und die wirtschaftliche De-Industrialisierung. Diese Ausrichtung entspricht den Interessen der USA und der NATO und impliziert eine Beibehaltung des seit 2022 bestehenden pro-amerikanischen Status Quos.

Dazu gehört es, die Kontrolle über europäische Politik der US-Führung und der Europäischen Kommission – einer Art europäischen Pendant zum amerikanischen “Tiefen Staat” – zu überlassen. Das Ergebnis ist eine auf Kriegsfuß stehende EU-Wirtschaft, geplagt von Inflation und einer hohen Handelsabhängigkeit von den USA, eine direkte Auswirkung der US-gestützten Handels- und Finanzsanktionen gegen Russland und China.

In Folge dieser Politik sehen sich Wähler in Ländern wie Frankreich, Deutschland und Italien in einer Sackgasse und wenden sich von den zentristischen Parteien ab. Wie Steve Keen es formuliert, befinden sich diese Parteien in einem endlosen Zyklus von Machtübernahmen und folgen dabei einer konstant neoliberales Paradigma:

“Die Partei, die an der Macht ist, verfolgt neoliberale Politik; sie verliert die nächste Wahl an Rivalen, die, sobald sie an der Macht sind, ebenfalls neoliberale Politik verfolgen. Dann verlieren sie, und der Kreislauf wiederholt sich.”

Die Wähler fühlen sich daher oft gezwungen, ihre Stimme populistischen nationalistischen Parteien zu geben, die versprechen, mit diesem Status Quo zu brechen – ähnlich wie beim Brexit in Großbritannien.

In Deutschland, Frankreich und Italien gewinnen Parteien an Beliebtheit, die sich explizit gegen den Krieg in der Ukraine aussprechen und eine Annäherung an Russland befürworten. Diese Parteien werden häufig als Wirtschaftszerstörer dargestellt, da sie sich gegen die vorherrschenden NATO/EU-Richtlinien stellen.

Verfall des traditionellen Links-Rechts-Schemas

Die ehemals linken Parteien sind nun kaum von den Zentristen zu unterscheiden und unterstützen eine neoliberale, pro-amerikanische Agenda. Die traditionell linke Ideologie ist in den Sozialdemokratischen und Labour-Parteien nicht mehr zu finden, die sogar kriegerische Haltungen gegenüber Russland und den Palästinensern einnehmen.

Damit einher geht eine strenge Sparpolitik, die unter anderem zu einem bedeutsamen Rückgang der sozialen Leistungen und einer finanziellen Belastung der EU-Staaten führt, da diese hohe Summen für Militärausgaben aufwenden müssen.

Auffällig ist zudem, dass Parteien, die traditionell als “rechts” galten, nun starken Zulauf erhalten, weil sie sich gegen Krieg und für die Verbesserung der Lebensumstände der einheimischen Bevölkerung einsetzen.

Nicht zuletzt zeichnet sich ein globaler Bruch mit der bisherigen Form des Internationalismus ab, der durch eine stärkere US-zentrierte Haltung charakterisiert ist. Die Unterstützung der USA durch europäische Länder im Konflikt mit Russland und China und die folgenreichen wirtschaftlichen Sanktionen haben die europäische Wirtschaft massiv geschädigt, anstatt die angezielten Länder zu schwächen.

Es bleibt die drängende Frage, ob Europa fähig sein wird, sich von dieser selbstzerstörerischen Bahn abzuwenden und eine eigenständige, prosperierende Rolle im globalen Geschehen einzunehmen. Die politische Landschaft verändert sich grundlegend, und die Entscheidungen der nächsten Jahre werden über den zukünftigen Wohlstand und die Sicherheit Europas entscheiden.

Nachgedruckt von Michael-Hudson.com, zuerst veröffentlicht unter dem Titel “The Need for a New Political Vocabulary”.

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