Die Untersuchungen gegen Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, bezüglich ihrer Rolle in den Vertragsverhandlungen mit Pfizer über den Kauf von COVID-19-Impfstoffen, sind vorübergehend ausgesetzt. Wie die spanische Tageszeitung El País berichtet, hat ein belgisches Gericht entschieden, die Ermittlungen bis zum 6. Dezember ruhen zu lassen. Dies geschieht im Kontext des bevorstehenden EU-Wahlkampfs und der anstehenden Wahl der Kommissionspräsidentin, deren Ausgang bestimmen wird, ob von der Leyen erneut für dieses Amt kandidiert.
Ein zentraler Punkt dieser Untersuchungen ist die Kommunikation via SMS zwischen von der Leyen und Albert Bourla, dem CEO von Pfizer, vor Abschluss des Vertrages über den Impfstoffkauf. Laut Vorwürfen wurden Teile des Vertrages durch persönlichen Nachrichtenaustausch festgelegt, was von standardisierten Ausschreibungsprozessen abweicht und Pfizer möglicherweise ungerechtfertigte rechtliche Vorteile eingeräumt hat. Die New York Times hatte bereits im April 2021 über diese fragwürdigen Verhandlungsmethoden berichtet. Trotz der Anforderung, diese Korrespondenz offenzulegen, hat von der Leyen die Existenz der SMS abgestritten.
Im April 2023 erweiterte Frédéric Baldan, ein bei der EU akkreditierter belgischer Lobbyist, die rechtlichen Auseinandersetzungen, indem er von der Leyen vor einem Gericht in Lüttich anklagte. Er beschuldigte sie der Amts- und Titelanmaßung, der Vernichtung öffentlicher Dokumente und der Korruption. Mehrere Regierungen und Organisationen unterstützten zunächst diese Klage, darunter Ungarn und (anfangs) Polen, wobei die polnische Unterstützung später zurückgezogen wurde.
Initial führten belgische Behörden die Ermittlungen, bevor diese von der Europäischen Staatsanwaltschaft (EPPO) übernommen wurden. Die Entscheidung aus Belgien, die Ermittlungen zeitweise einzustellen, dürfte den Prozess weiter in die Länge ziehen. Von der Leyen kann sich dadurch auf ihren Wahlkampf konzentrieren, während die Wählerschaft bis nach der Wahl über ihre Rolle in der umstrittenen Impfstoffbeschaffung im Dunkeln gelassen wird.
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