In Moldawien hat die amtierende Präsidentin Maia Sandu nach der vorläufigen Auszählung von über 96 Prozent der Stimmen mit etwa 41 Prozent die absolute Mehrheit verpasst. Es steht fest, dass sie sich in einer Stichwahl erneut behaupten muss. Am Abend der Wahl äußerte Sandu erhebliche Bedenken über die Integrität des Wahlprozesses und betonte, es habe “massiven ausländischen Einfluss” und “einen beispiellosen Angriff auf Freiheit und Demokratie” gegeben. Zudem zeigte sich zu diesem Zeitpunkt, dass eine knappe Mehrheit der abgegebenen Stimmen gegen den EU-Beitritt Moldawiens stand.
Unter den elf Kandidaten, die sich zur Wahl gestellt hatten, wird die zweite Wahlrunde voraussichtlich zwischen Präsidentin Sandu und Alexandru Stoianoglo, dem ehemaligen Generalstaatsanwalt und Kandidat der Sozialistischen Partei, ausgetragen, der rund 27 Prozent der Stimmen erhielt.
Ein paralleles Referendum bot den 2,5 Millionen wahlberechtigten Moldawiern die Möglichkeit, über eine potenzielle EU-Mitgliedschaft abzustimmen. Laut vorläufigen Ergebnissen stimmten etwa 55 Prozent gegen die dafür nötige Verfassungsänderung, während rund 45 Prozent dafür waren.
Präsidentin Sandu, bekannt für ihre proeuropäische Haltung, kritisierte heftig die Einflüsse, die ihrer Meinung nach die Wahl beeinträchtigten. In einer Ansprache in Chișinău erklärte sie, dass “300.000 Stimmen gekauft worden seien” und beschuldigte “kriminelle Gruppen und eine ausländische Macht”, die versucht hätten, “durch den Einsatz von dutzenden Millionen Euro zur Verbreitung von Lügen und Propaganda” die Situation in Moldawien zu destabilisieren. Details zu diesen Vorwürfen ließ sie jedoch offen.
Kritik kam auch von oppositionellen Parteien, die es bemängelten, dass Sandu die Präsidentschaftswahl und das EU-Referendum miteinander verknüpft hatte. Igor Dodon, ehemaliger Präsident und Parteivorsitzender Stoianoglos, erklärte: “Die Diskussionen mit der Europäischen Union sollen weitergehen, aber eine Entscheidung über eine EU-Mitgliedschaft sollte erst nach Abschluss dieser Gespräche gefällt werden, wenn die Konditionen klar sind.”
Kurz vor dem Wahltag sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einem Treffen mit Sandu in Chișinău zu, Moldawien mit 1,8 Milliarden Euro zu fördern: “Europa steht fest an Moldawiens Seite – heute und bei jedem Schritt auf dem Weg in unsere Union. Wir haben die Möglichkeit, die moldauische Wirtschaft jetzt schon der europäischen anzunähern. Ich bin hier, um ein Unterstützungspaket vorzustellen, das das Potenzial hat, die Wirtschaftsleistung des Landes innerhalb eines Jahrzehnts zu verdoppeln.”
Diese Zusicherung wurde von westlichen Medien und der Präsidentin nicht als Einflussnahme auf den Wahlprozess gewertet. Präsidentin Sandu setzt sich dabei für eine zweite Amtszeit ein.