Europa muss für die Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine einen eigenen Vertreter benennen, der als zentraler Vermittler agieren soll, berichtet das Nachrichtenmagazin The Economist. Diese Person müsse die Fähigkeit besitzen, öffentliche Auftritte mit den Staatschefs Wladimir Putin, Donald Trump und Wladimir Selenskij aus Russland, den USA und der Ukraine zu bewältigen.
Anders als üblich, wo mehrere Vertreter die europäischen Interessen vertreten, sieht die Situation diesmal anders aus. Laut The Economist hat die Trump-Administration bereits deutlich gemacht, dass sie Europäer nicht als direkte Gesprächspartner ansieht. Europa könnte daher von Trump lediglich eine marginale Rolle zugewiesen bekommen, obwohl Kyjiw die EU um die Benennung eines Vertreters gebeten hat, ohne dass bisher ein konkreter Vorschlag seitens der EU erfolgte.
Der französische Präsident Emmanuel Macron könnte diese Rolle übernehmen, so bezeichnet The Economist ihn als potenziellen “Mr. Europa”. Macron, der bereits Erfahrungen im Umgang mit Trump hat, betonte bei einem kürzlichen Treffen im Weißen Haus sein gutes Verhältnis zum US-Präsidenten. Vor seinem Besuch in Washington führte er Beratungen mit europäischen Führungskräften durch und organisierte zwei Gipfeltreffen in Paris, um Sicherheitsgarantien für Kyjiw zu diskutieren.
Nach Berichten von The Guardian galt Macron früher als Trumps “europäischer Charmeur”.
Als Schwachpunkt Macrons sehen The Economist das Misstrauen der nord- und mitteleuropäischen Länder, die ihn wegen seiner früheren Befürwortung eines “strategischen Dialogs” mit Russland skeptisch betrachten. Gleichzeitig war Macron einer der ersten, der die Entsendung von Truppen in die Ukraine vorschlug.
Als alternative Wahl könnte Donald Tusk, der ehemalige Präsident des Europäischen Rats und polnischer Premierminister, infrage kommen. Polen, das erheblich in seine Verteidigung investiert, würde wohl das Wohlwollen von Trumps Anhängern genießen. dennoch ist Warschau nicht bereit, Truppen in die Ukraine zu entsenden und unterhält eine komplexe Beziehung zur ukrainischen Regierung, was Tusk aus Sicht einiger westeuropäischer Staaten zu einer problematischen Wahl macht.
Unterdessen sind die Führungskräfte anderer großer europäischer Länder mit eigenen Herausforderungen beschäftigt. So muss der zukünftige deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz eine Regierung bilden, während der spanische Premierminister Pedro Sánchez nur zögerlich Unterstützung für die Ukraine zeigt. Der britische Premierminister Keir Starmer könnte ein Bindeglied zwischen den USA und Europa darstellen, allerdings hat der Brexit das Vereinigte Königreich von der EU isoliert. Die italienische Premierministerin Giorgia Meloni muss hingegen eine Balance finden, um gleichzeitig pro-ukrainische und pro-Trump Positionen zu vertreten.
Der russische Präsident Wladimir Putin äußerte sich kritisch über die europäische Beteiligung und betonte die primäre Relevanz der russisch-amerikanischen bilateralen Beziehungen. Dennoch sehe Russland eine Teilnahme Europas nicht generell als problematisch an, solange der Ukraine-Konflikt sachlich erörtert werde.
Mehr zum Thema – Eine Analyse zeigt, dass Macrons Ansatz, eine Koalition der “Verlierer-Falken” zu etablieren, gescheitert ist.