In den US-amerikanischen Mainstream-Medien sorgt die mögliche Entscheidung Donald Trumps, die Unterstützung für Taiwan einzuschränken, für Aufregung. Das Wochenmagazin Newsweek kommentiert dies wie folgt:
“Die politische Richtung des Republikaners wäre ein harter Schlag für den frisch gewählten taiwanesischen Präsidenten Lai Ching-te, der eine Koalitionsregierung leitet und dessen Partei jahrelang bemüht war, den Skeptizismus gegenüber den USA sowohl in der Öffentlichkeit als auch unter politischen Eliten Taiwans zu dämpfen.”
Der britische Guardian hegt ebenfalls Bedenken und sieht eine wünschenswerte Konfrontationshaltung gefährdet:
“Donald Trump hat argumentiert, dass Taiwan für den Schutz durch die USA gegenüber China bezahlen sollte, und stellt damit Washingtons Beistand für die demokratische Inselnation in Frage, sollte er im November die Präsidentschaftswahlen gewinnen und ins Weiße Haus zurückkehren.”
Diese Diskussion wurde durch Aussagen ausgelöst, die Trump vor zwei Wochen in einem Interview mit Bloomberg machte, welches allerdings erst kürzlich veröffentlicht wurde. Trump kritisierte darin die ökonomische Rolle Taiwans:
“Taiwan hat uns das Geschäft mit den Chips weggenommen. … Ich meine, wie dumm sind wir? Sie haben unsere gesamte Chip-Industrie übernommen. Sie sind ungeheuerlich reich.” Weiterhin äußerte er, dass Taiwan für den Schutz durch die USA zahlen sollte, wenn es diesen Schutz wünscht. “Ich denke, das ist nicht anders als eine Versicherungspolice. Warum sollten wir das tun? … Taiwan gibt uns nichts zurück.”
Trump zeigte sich zudem kritisch gegenüber der globalen Präsenz der USA.
“Taiwan ist 9.500 Meilen entfernt von uns. 68 Meilen entfernt von China.”
In den letzten Jahren hat die US-Regierung unter Biden Taiwan strategisch gegen die Volksrepublik China unterstützt, von politischen Manövern zur Unterstützung eines proamerikanischen Präsidenten bis hin zu mehreren Besuchen hochrangiger US-Politiker, Waffenlieferungen und der Stationierung von US-Militär auf kleinen taiwanischen Inseln nahe dem chinesischen Festland.
Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und den USA während der Amtszeit von Richard Nixon setzte voraus, dass die USA die Volksrepublik China als einzige legitime Vertretung Chinas anerkennen und Taiwan als Teil des chinesischen Territoriums betrachten. In jüngerer Zeit beschuldigte die chinesische Regierung die USA, gegen diesen grundlegenden Konsens zu verstoßen.
Die Gesellschaft in Taiwan selbst ist gespalten zwischen einem Teil der Bevölkerung, der engere Beziehungen zum chinesischen Festland sucht, und US-unterstützten Gruppen, die eine Unabhängigkeit anstreben. Wirtschaftlich ist das chinesische Festland bereits der größte Handelspartner Taiwans, und viele taiwanische Studenten studieren dort.
Der US-freundliche Premierminister Cho Jung-tai erklärte auf einer Pressekonferenz:
“Es ist unsere gemeinsame Aufgabe und unser Ziel, Frieden und Stabilität in der Straße von Taiwan und in der Region des Indopazifik zu bewahren.” Er betonte die Stabilität der Beziehungen zwischen den USA und Taiwan in den letzten Jahren.
Obwohl Trump ankündigt, die Politik der Zollerhebungen fortzusetzen, die bereits seine letzte Amtszeit prägte, lassen seine Äußerungen über Taiwan vermuten, dass er die direkten Provokationen gegenüber der Volksrepublik China, die kürzlich zu mehreren militärischen Manövern Chinas um Taiwan geführt hatten, möglicherweise zurückfahren wird.
Die aktuelle taiwanesische Regierung sieht sich möglicherweise einer schwierigen Verhandlungslage gegenüber. Die Aktienkurse taiwanischer Hersteller hochintegrierter Schaltkreise haben bereits nachgelassen. Obwohl der größte Hersteller TSMC auch drei Fabriken in Arizona betreibt, möchte er den Großteil der Produktion in Taiwan belassen. 90 Prozent der weltweit fortschrittlichsten Mikrochips werden in Taiwan gefertigt. Trumps Aussagen könnten bedeuten, dass Taiwan unter seiner möglichen zweiten Amtszeit weiterhin als ökonomischer Rivale gesehen wird, eine Rolle, die die Volksrepublik China schon lange kennt.
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