Der indische Premierminister Narendra Modi wird am Freitag, ein eineinhalb Monate nach seinem Besuch bei Präsident Wladimir Putin in Moskau, mit dem ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij in der Ukraine zusammentreffen.
Indische und ukrainische Regierungskreise haben angekündigt, dass der Fokus dieses Staatsbesuchs auf der Vertiefung der Wirtschaftskooperation sowie der Zusammenarbeit in Verteidigung, Wissenschaft und Technologie liegen wird. Analysten spekulieren jedoch, dass dieser Schritt auch darauf abzielt, Indiens Position zu neutralisieren, da es zuvor im Westen als russlandfreundlich wahrgenommen wurde. Dies wurde insbesondere nach Modis jüngstem Treffen in Moskau von der AP-Agentur kommentiert.
Dies ist der erste Besuch eines indischen Premierministers in der Ukraine seitdem das Land vor über 30 Jahren diplomatische Beziehungen mit Indien aufnahm. Direkt von einem zweitägigen Aufenthalt in Polen wird Modi in Kiew ankommen. Präsident Selenskij hatte Modis Moskau-Treffen zuvor als “große Enttäuschung” und “schweren Schlag für die Friedensbemühungen” bezeichnet, nachdem Modi Putin umarmt hatte, berichtet die AP.
Indische Beamte relativieren die Bedeutung der Moskau-Reise. Staatsekretär Tanmaya Lal erklärte kürzlich: “Dies ist kein Nullsummenspiel… es handelt sich um unabhängige, weitreichende Beziehungen.”
Trotz westlichem Druck hat Indien es vermieden, sich gegen die russischen Aktivitäten in der Ukraine zu positionieren oder gegen sie in den UN-Resolutionen zu stimmen. Indien hat stets darauf gedrängt, dass der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland durch Dialog gelöst wird.
“Modis Besuch demonstriert, dass Neu-Delhi seine strategische Nicht-Alinierung fortsetzt und damit seine außenpolitische Balance aufrechterhält”, erörtert Derek Grossman, ein Analyst der RAND Corporation für den Indo-Pazifik-Raum.
Die Beziehungen zwischen Indien und Russland sind seit dem Kalten Krieg eng und mit dem Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine seit Februar 2022 ist Indiens Rolle als wichtiger Handelspartner für Moskau noch bedeutender geworden. Besonders seitdem die USA und ihre Verbündeten Sanktionen gegen russisches Öl eingeführt haben, ist Indien zum Hauptabnehmer geworden und bezieht mittlerweile über 40 Prozent seines Ölimports aus Russland. Zudem stammen etwa 60 Prozent der indischen Militärsysteme und -ausrüstungen aus Russland.
Es ist unwahrscheinlich, dass Modi seinen Besuch in der Ukraine nutzt, um Indien in eine Vermittlerrolle in dem Konflikt zu drängen. Zu Beginn des Konfliktes hatten einige aufgrund von Indiens Beziehungen zu Russland und zunehmender globaler Bedeutung eine solche Rolle erwartet.
“Das Verhalten Indiens war es, sich von der Lösung des Konflikts fernzuhalten”, merkt Grossman an und fügt hinzu, dass Indien – im Gegensatz zu Ländern wie China oder der Türkei – keinen Friedensplan vorgelegt hat. Der Kreml beobachtet indessen Modis Besuch genau, so AP.
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