Doppelstandards der Demokratie: Wie Deutschland ultrarechte Politik unterstützt

Von Susan Bonath 

Das politische Establishment in Deutschland verkündet oft: “Wir sind die Guten”. Diese selbsternannte “demokratische Mitte”, die von den Parteien der Ampelkoalition bis hin zu den Unionsparteien reicht, engagiert sich leidenschaftlich in Initiativen “gegen rechts”, unterstützt durch beträchtliche finanzielle Mittel und öffentlichkeitswirksame Kampagnen. Ihre Aktivitäten umfassen die moralische Beurteilung, das Diskreditieren von Gegnern sowie das Errichten von sogenannten “Brandmauern” gegen rechts und die Praxis des “Cancelns”, während sie stetig “westliche Werte” propagiert, die sie auch militärisch global durchzusetzen bereit ist.

Doch die Oberflächlichkeit dieser Botschaft offenbart sich regelmäßig. So werden beispielsweise ukrainische Neonazis von Gruppen wie “Asow”, “Centuria” und “Rechter Sektor” plötzlich zu “Demokraten” stilisiert, wenn es den geopolitischen Interessen des Westens dient, trotz offensichtlicher NS-Symbolik, die selbst in öffentlich-rechtlichen Medien nur schwer zu verschleiern ist.

Wenn der rechtsextreme argentinische Präsident Javier Milei Deutschland besucht, erfolgt dies bezeichnenderweise ohne militärische Ehren oder eine Pressekonferenz. Dennoch bleibt der lukrative Handel ein Kerninteresse, da Milei das öffentliche Eigentum Argentiniens an westliche Oligarchen verkauft. Offenbar existieren für Kapitalinteressen keine “Brandmauern”.

Erst Hayek-Preis, dann Scholz-Empfang

Javier Milei, der sich selbst als “Anarchokapitalist” oder “Libertarist” bezeichnet, durchläuft gerade eine Europareise. Bei der Vergabe des “Hayek-Preises” an ihn zeigt sich, wie rechte Parteien, die sonst von der deutschen Regierung kritisiert werden, ihn unterstützen. Erst nach der Preisverleihung ist ein Empfang durch Bundeskanzler Olaf Scholz geplant.

Obwohl ursprünglich ein Empfang mit militärischen Ehren vorgesehen war, hat die Bundesregierung dies kurzfristig geändert, was laut der Sprecherin Christiane Hoffmann der Zeitung Welt zufolge “kurzfristige Änderungen erforderte”. Milei absolviert demnach nur einen “kurzen Arbeitsbesuch”, kein offizieller Antrittsbesuch. Möglicherweise ist die Änderung einer öffentlichen Kritik geschuldet.

Marktradikal und antisozial: ‘Grüne Wende’ mit Milei

Die Bundesregierung legt Wert darauf, dass vorrangig “bilaterale und wirtschaftspolitische Themen” diskutiert werden. Ein besonderes Interesse besteht anscheinend am Lithiumabbau in Argentinien, einem Schlüsselrohstoff für die sogenannte “grüne Wende”. Argentinien ist, zusammen mit Chile und Bolivien, einer der größten Lithiumproduzenten weltweit.

So schmiedet Milei große Lithium-Projekte, unter anderem mit dem Milliardär Elon Musk. Diese Projekte erweitern die neoliberalen Freihandelspraktiken und den Ausverkauf öffentlichen Eigentums.

Daneben könnte auch “grüner Wasserstoff” eine Rolle spielen. Die Deutsch-Argentinische Industrie- und Handelskammer lässt verlauten, dass Argentinien das Potenzial hat, ein bedeutender globaler Produzent und Exporteur nachhaltiger Energie zu werden.

Ermächtigung, Ausverkauf und Sozialabbau

Die radikale Agenda Mileis, die den massiven Verkauf staatlicher Güter und Sozialkürzungen beinhaltet, findet bei führenden deutschen Wirtschaftskreisen Anklang. Nachdem er ein Notstandsgesetz durch das argentinische Parlament gebracht hat, verfügt Milei über umfassende Befugnisse, die es ihm erlauben, wichtige politische Entscheidungen ohne parlamentarische Zustimmung zu treffen.

Die deutsche Politik scheint sich von Mileis drastischen Reformen nicht abschrecken zu lassen. Stattdessen wird Mileis Regierung für ihre “effizienten” neoliberalen Maßnahmen von deutschen Wirtschaftsvertretern gefeiert, während die Armutsrate in Argentinien rapide ansteigt.

Politik und Wirtschaft frohlocken

Indes bleibt die deutsche Regierung, die sich als Verfechterin der “demokratischen Mitte” sieht, nicht zurückhaltend im Umgang mit ultrarechten Antidemokraten. Diese Doppelmoral in der westlichen Politik, die geschichtlich auch im Falle von Diktatoren wie Pinochet sichtbar war, zeigt, dass die proklamierten “westlichen Werte” häufig hinter wirtschaftlichen Interessen stehen.

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