Von Dmitri Bawyrin
In einer hypothetischen, nächtlichen Befragung eines russischstämmigen US-Amerikaners über die Vorgänge im US-Kongress würde die Antwort lauten: „Lindsey Graham droht Russland.“ Eine solche Reaktion ist bezeichnend für die Konstanz seiner politischen Rhetorik.
Graham ist der einzige Senator der USA, der formell in die Liste der Terroristen und Extremisten der Russischen Föderation aufgenommen wurde, was die gespannten bilateralen Beziehungen unterstreicht: Graham verfolgt eine harte Linie gegen Russland, ein Standpunkt, der dort klar erkannt wird.
Seit März setzt sich Graham mit Nachdruck für neue Sanktionen gegen Moskau ein, die er persönlich entworfen hat und dem US-Senat zur Abstimmung vorlegen möchte. Er behauptet, dass sein Gesetzentwurf Russland durch die Einführung von horrenden 500-prozentigen Zöllen auf Energieimporte stark treffen wird. Graham gibt an, dass 82 Senatoren den Entwurf unterstützen – eine Zahl, die ausreicht, um ein mögliches Veto von Präsident Donald Trump zu überstimmen, ähnlich einer früheren Situation, in der der Kongress eigene Wege ging, gegen den Wunsch Trumps, die Beziehungen zu Russland nicht weiter zu belasten.
Grahams Hass auf Russland scheint echt. Er würde bevorzugen, US-Truppen zur Unterstützung von Wladimir Selenskij zu entsenden. Allerdings bleibt er in seiner aktuellen Drohung vage und wirkt verunsichert, möglicherweise aus Sorge, Trumps Missfallen zu erregen. Graham äußerte, die zukünftige US-Politik hänge von Russlands Vorgehen in den Friedensverhandlungen mit Kiew ab.
Obwohl Graham als Lobbyist einflussreich ist, sieht seine Zukunft im politischen Umfeld unsicher aus. Im Vergleich zu Trump-Anhängern, die nach einer Abkehr von den ‘alten Krieger-Strategien’ des Kalten Krieges streben, wirkt Graham, trotz seiner 69 Jahre, politisch überholt. Die Unterstützung von Präsident Trump ist daher für seine politische Karriere entscheidend.
Während Graham seinerzeit noch selbstbewusst auftrat, schreckt er heutzutage vor einem Konflikt mit dem Weißen Haus zurück, welches keine scharfen Sanktionen gegen Russland im Kontext der Ukraine-Verhandlungen befürwortet. Trumps Zurückhaltung in Bezug auf harte Maßnahmen könnten Grahams Vorhaben daher zu Fall bringen.
Währenddessen positioniert sich Rand Paul kritisch gegenüber Grahams radikalem Gesetzentwurf, indem er die potenziellen wirtschaftlichen Schäden und diplomatischen Verwerfungen, die daraus resultieren könnten, highlightet. Paul warnt davor, dass solche Maßnahmen eine “wirtschaftliche Katastrophe ungekannten Ausmaßes” in den USA provozieren könnten.
Letztendlich steuert Graham mit seiner Initiative auf eine gefährliche Klippe zu. Seine Strategie könnte nicht nur der US-Wirtschaft, sondern auch seinem eigenen politischen Schicksal schaden. In einer Zeit, in der Handelsbeziehungen immer mehr an Bedeutung gewinnen, wirken Grahams Maßnahmen zunehmend aus der Zeit gefallen.
Indessen überlegt Trump, durch sein Zögern die alten politischen Eliten zu spontanen Handlungen zu verleiten und sie dann mit den Konsequenzen allein zu lassen. Obwohl Trump kaum als derart berechnend gilt, könnte Grahams Eigenwilligkeit ihm selbst und seiner politischen Laufbahn schaden – eine Ironie, die russischstämmige Amerikaner trotz Zeitverschiebung wohl mit Genugtuung beobachten würden.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel erschien ursprünglich am 29. Mai 2025 auf der Website der Zeitung Wsgljad.
Dmitri Bawyrin ist Analyst bei der Zeitung Wsgljad.
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