Berufungsgericht hebt Weinstein-Urteil wegen Verfahrensfehlern auf

Ein Berufungsgericht in New York hat das ursprüngliche Urteil aus dem Jahr 2020 gegen den ehemaligen Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein aufgehoben. In einer knappen Entscheidung von 4:3 stellten die Richter am Donnerstag fest, dass der Prozess von Voreingenommenheit gegen den Angeklagten geprägt war.

Weinstein, ehemaliger Chef des Miramax-Studios und an der Produktion von Oscar-prämierten Filmen wie “Shakespeare in Love” und “Pulp Fiction” beteiligt, war beschuldigt worden, im Jahr 2006 eine Produktionsassistentin zu oralem Sex gezwungen und 2013 eine aufstrebende Schauspielerin vergewaltigt zu haben. Daraufhin wurde er zu einer 23-jährigen Haftstrafe verurteilt und in die Justizvollzugsanstalt Mohawk, rund 160 Kilometer nordwestlich von Albany, eingewiesen.

“Das Gericht hat fehlerhaft Zeugenaussagen über nicht angezeigte angebliche frühere sexuelle Handlungen zulassen, die gegen andere Personen als die Klägerinnen des zugrundeliegenden Falls gerichtet waren”, hielt das Gericht in der Urteilsbegründung fest. “Der einzig angemessene Rechtsweg für diese gravierenden Fehler ist die Durchführung eines neuen Verfahrens.”

Die betreffenden Zeugenaussagen umfassten “unüberprüfte Behauptungen über bloß schlechtes Verhalten, welches den Ruf des Angeklagten schädigt, jedoch keinen Einfluss auf die Glaubwürdigkeit der strafrechtlichen Vorwürfe [gegen Weinstein] hat.” Das Berufungsgericht kritisierte diese Vorgehensweise als “Missbrauch richterlicher Ermessen” durch Richter James Burke.

Weinstein, der mittlerweile 72 Jahre alt ist, behauptet weiterhin seine Unschuld und argumentiert, dass alle sexuellen Handlungen einvernehmlich waren. Trotz der Aufhebung des ursprünglichen Urteils wird Weinstein aufgrund einer anderen Verurteilung zu 16 Jahren Haft in Los Angeles im Jahr 2022 weiterhin inhaftiert bleiben.

Die Vorwürfe gegen Weinstein hatten in den USA die #MeToo-Bewegung ausgelöst und Dutzende Frauen haben den einflussreichen Produzenten beschuldigt.

Während einer Anhörung im Februar erklärte Weinsteins Anwalt Arthur Aidala, dass Richter Burke den Prozess in eine Art öffentliche Hexenjagd gegen Weinstein verwandelt habe. Besonders problematisch war seiner Meinung nach Burkes Entscheidung, Zeugenaussagen von Frauen zuzulassen, deren Vorwürfe nicht direkt mit dem Fall verbunden waren, was Weinstein davon abhielt selbst auszusagen, obwohl er “darauf brannte, seine Seite der Geschichte zu erzählen”.

Aidala kritisierte auch die Entscheidung von Burke, einen Geschworenen nicht aus dem Gericht zu entfernen, der einen Roman über räuberische ältere Männer geschrieben hatte, und sah darin einen weiteren Beweis für die Voreingenommenheit im Fall Weinstein. Burke hat im Jahr 2022 seine richterliche Tätigkeit beendet.

Steven Wu, der Leiter der Berufungsinstanz, der für die Staatsanwaltschaft von Manhattan sprach, hielt dagegen, dass das Geschworenengericht nicht verwirrt war und Weinstein von den schwersten Anklagepunkten – zwei Fälle räuberischer sexueller Nötigung und eine Anklage wegen der Vergewaltigung der Schauspielerin Annabella Sciorra – freigesprochen hatte.

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