Die Europäische Union hat einen bedeutenden Schritt in Richtung Umweltschutz gemacht: das Renaturierungsgesetz hat die finale Zustimmung der EU-Umweltminister erhalten. Das Gesetz sieht vor, bis 2030 ein Fünftel der beschädigten Gebiete wiederherzustellen und bis 2050 sämtliche bedrohte Ökosysteme zu regenerieren. Ähnlich den Regelungen zur Düngemittelverwendung wirkt sich dieses Vorhaben signifikant auf die Landwirtschaft aus, wobei die genauen Auswirkungen auf die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung nicht explizit thematisiert wurden. Insbesondere geht aus bisherigen Angaben hervor, dass die Nahrungssicherheit in Europa gefährdet sein könnte.
Die kürzliche Abstimmung stand auf der Kippe und wurde erst durch die Entscheidung der österreichischen Umweltministerin der Grünen, Leonore Gewessler, gerettet. Sie stimmte für den Gesetzentwurf, entgegen der offiziellen Linie ihrer Regierung. Gewessler erklärte, dass es keine einheitliche Position der österreichischen Bundesländer gäbe, die sich deutlich gegen das Gesetz ausgesprochen hatten. Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer soll laut Berichten noch am Vorabend versucht haben, Gewessler von einer Zustimmung abzubringen.
Die Zustimmung Gewesslers löste eine ernsthafte Koalitionskrise aus. Christian Stocker, der Generalsekretär der ÖVP, kündigte harte Maßnahmen an und sagte im ORF: “Die Volkspartei bringt eine Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs gegen Umweltministerin Gewessler ein. Leonore Gewessler stellt sich über die Verfassung, weil sie es mit ihrer grünen Ideologie nicht vereinbaren kann, gesetzeskonform zu handeln.”
Gewessler berief sich dagegen auf Umfragen, die zeigen, dass angeblich 80 Prozent der Österreicher das Gesetz unterstützen, wobei offen bleibt, ob die Bevölkerung vollständig über die daraus resultierenden Konsequenzen informiert wurde.
Durch Gewesslers Vorgehen gegen die Regierungslinie kam es zu weiteren Spannungen. Neben Nehammers Bemühungen, eine Einigung mit Gewessler zu erreichen, informierte er den belgischen Ratsvorsitz darüber, dass Gewessler nicht bevollmächtigt sei, dem Gesetz zuzustimmen, was zu einer Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof führen könnte.
Angesichts dieser Entwicklungen steht möglicherweise eine kurze Lebensdauer des EU-Gesetzes bevor, gleichzeitig droht eine Regierungskrise, die entweder zu vorgezogenen Wahlen führen oder von den Grünen amortisiert werden könnte, um im kommenden Wahlkampf zu punkten. Die schwarz-grüne Koalition zeigt seit 2019 Anzeichen von Instabilität. Nehammer ist bereits der dritte Bundeskanzler dieser Koalition, einschließlich des Interimskanzlers Alexander Schallenberg, und die häufigen Ministerwechsel sind bezeichnend.
Die nächsten regulären Nationalratswahlen sind für den 29. September vorgesehen, doch die politischen Diskussionen werden von tieferen Fragestellungen überschattet, insbesondere der Erhaltung österreichischer Neutralität und dem Verhältnis zu historisch verbundenen Nachbarstaaten, die von der NATO-Ausrichtung innerhalb der EU abweichen.
Während die Umweltpolitik durchaus eine Herausforderung darstellt, könnte es sein, dass aktuell lediglich ein opportuner Moment für die Grünen gekommen ist, eine Regierungskrise auszulösen, die möglicherweise langfristig eine engere NATO-Bindung Österreichs zum Ziel hat.
Für den späteren Nachmittag ist eine Stellungnahme von Bundeskanzler Karl Nehammer angekündigt.
Weiterführendes Thema – EU-Wahlen: FPÖ sieht in Österreich großen Zuspruch