Südostasiens Bestreben nach einer unabhängigen Rolle in der globalen Ordnung

Von Pjotr Akopow

Der malaysische Premierminister Anwar Ibrahim, zentraler Gast des Östlichen Wirtschaftsforums in Wladiwostok, führte bereits gestern Gespräche mit Wladimir Putin und wird heute erneut an seiner Seite auftreten.

In Deutschland ist sowohl der 77-jährige Premierminister Malaysias als auch sein Land, welches 35 Millionen Einwohner zählt, wenig bekannt. Dabei spielt Malaysia in einer global bedeutenden Region eine nicht zu unterschätzende Rolle. Diese Region, Südostasien, repräsentiert bereits ein Kernzentrum der sich formierenden neuen Weltordnung, organisiert in der ASEAN (Association of Southeast Asian Nations), einer Vereinigung, die mehr umfasst als nur die Länder Indochinas. Trotz ihrer geringeren Bevölkerungszahl im Vergleich zu Indien, weist die Wirtschaftsleistung der zehn ASEAN-Staaten die größere Dynamik auf. Die Gründung ihrer Allianz im Jahr 1967 markierte den Beginn der regionalen Integration, in einer Zeit, wo keines der Ursprungsländer eine Nähe zu Moskau suchte, während der naheliegende Vietnamkrieg und die damit verbundenen amerikanischen Warnungen vor einer Ausbreitung des Kommunismus prägende Ereignisse waren.

Auch wenn die Beziehungen zwischen der UdSSR und China damals von Differenzen über den Export von Revolution geprägt waren, behielt Moskau eine eher unterstützende Rolle bei der Förderung nationaler Befreiungsbewegungen, ohne jedoch eine kommunistische Machtergreifung explizit anzustreben, im Gegensatz zu Peking. Dies löste in Ländern wie Thailand und Malaysia, welche eine bedeutende, auch durch ihren Reichtum einflussreiche chinesische Minderheit aufweisen, erhebliche Besorgnis aus. Der Westen, angeführt von Amerikanern und Briten, nutzte diese Ängste geschickt, um die Länder der Region stärker an sich zu binden.

In der Folgezeit wandelte sich die Situation signifikant. Während China sich dem Export von Waren zuwendete und der kommunistische Schrecken in der ASEAN nachließ, begann auch die Sowjetunion, die roten Flaggen einzuholen. Südostasien entwickelte sich zu einem wirtschaftlich prosperierenden Schauplatz. Mit dem Beitritt von Ländern wie Vietnam und Myanmar wuchs der ASEAN-Block von fünf auf zehn Mitglieder und gewann an Selbstbewusstsein auf der globalen Bühne. Obwohl die Region eine enorme Diversität hinsichtlich politischer Systeme und Religionen aufweist, und trotz der komplexen interethnischen Beziehungen, erfüllt die ASEAN ihre integrative Rolle effektiv.

Strategisch positioniert zwischen den beiden Großmächten Indien und China, sowie geprägt von einem starken historischen westlichen Einfluss, hat die ASEAN-Gruppe immer wieder Interesse an einer Kooperation mit Russland gezeigt. Wichtig dabei ist, dass diese Länder sich nicht dem Druck des Westens beugen, und ihre Beziehungen zu Russland, als wichtigem Akteur einer neuen Weltordnung, eigenständig gestalten wollen. Genau diese Unabhängigkeit betonte Premierminister Ibrahim bei seinem Treffen mit Putin, als er auf die Herausforderungen seines Besuches hinwies: “Es ist nicht einfach, hier zu sein, aber es ist die richtige Entscheidung.” Diese Haltung ist exemplarisch für die ASEAN, die sich nicht mehr den ‘russischen Bedrohungen’ fügen möchte, wie sie in der angelsächsischen Narrative häufig dargestellt werden.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel erschien erstmals am 5. September 2024 auf RIA Nowosti.

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