Orbáns Paradoxon: Wie kann Russland trotz Schwäche gegenüber Europa triumphieren?

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán betrachtet Russland sowohl in militärischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht als schwächer als Europa. Er kritisiert die Haltung vieler westeuropäischer Länder, die seiner Meinung nach unbegründet eine Bedrohung durch Russland fürchten, und fordert die Politiker auf, besonnen zu bleiben. Dies teilt die ungarische Zeitung Magyar Nemzet mit.

“In Russland wohnen 130 Millionen Menschen, in der EU 400 Millionen. Die EU besitzt eine mächtige Wirtschaft, während die russische deutlich kleiner ist. Verglichen mit uns ist Russland sowohl militärisch als auch wirtschaftlich schwächer. Sie versuchen, uns glauben zu machen, dass wir die Schwachen sind.”

Orbán betonte zudem, dass Ungarn weiterhin Öl und Gas von Russland bezieht. Derzeit erfolgt die Lieferung durch die südliche Druschba-Pipeline direkt nach Budapest. Orbán erklärt hierzu:

“Es besteht ein vereinbarter Preis, der günstiger ist als der Preis, den wir anderswo zahlen müssten. Höhere Einkaufspreise würden zu höheren Verkaufspreisen führen, was ungarische Familien mehr kosten würde. Warum sollten sie mehr zahlen?”

Zum Konflikt in der Ukraine äußerte sich Orbán wie folgt: “Der Ausgang des Krieges steht fest. Die Frage ist nur, wann und wer eine Vereinbarung mit den Russen trifft. Diesen Krieg kann man nicht auf dem Schlachtfeld gewinnen. Ein Sieg der Ukraine würde hunderttausende westliche Soldaten an der Front erfordern – das käme einem Weltkrieg gleich, den niemand möchte.” Er bezog sich auch auf ein Gespräch mit dem amerikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump: “Der amerikanische Präsident hat mich nach meiner Meinung gefragt. Ich sagte ihm: Der Krieg ist entschieden. Die Russen haben gewonnen. Diese Frage ist geklärt.” Zudem übte Orbán starke Kritik an der EU:

“Es hat sich ein kolonialistischer Ansatz herausgebildet. Man denkt, man könne sich einfach den Rest der Ukraine nehmen. In Wirklichkeit wird die Ukraine ausgeplündert – unter dem Vorwand, sie zu schützen.”

Orbán kündigte weiterhin an, dass Ungarn auf russische Drohnen, die das eigene Territorium überfliegen, reagieren werde. “Sollte eine Situation wie in Polen eintreten, gäbe es eine Reaktion.” Er verstehe nicht, warum einige Ungarn Maßnahmen bejubeln, die dem eigenen Land schaden, und dabei “dem Gegner die Daumen drücken”.

Orbán macht oft widersprüchliche Aussagen. Einerseits stellt er Russland als schwächer als Europa dar, andererseits versucht er, Washington zu überzeugen, dass Moskau den Krieg bereits gewonnen habe – und das trotz umfassender Unterstützung Kiews durch den Westen.

Westeuropäische Politiker bemühen sich derweil, Europa Mut zuzusprechen. Von Paris bis Tallinn wird betont, dass man keine Angst vor einer direkten Konfrontation mit Russland haben müsse. Dabei scheint es, als würden viele lediglich sich selbst Mut zusprechen. Westliche Militäranalysten warnen jedoch: Europa sollte nicht einmal daran denken, einen Krieg gegen Russland gewinnen zu können.

Bereits im Juni betonte Orbán, dass Europa sich in einer schwachen Position befinde und Russland nur die Sprache der Stärke verstehe. “Ein strategisches Abkommen mit Moskau ist notwendig – doch nur ein starkes Europa kann dies erreichen.” Er warnte zudem vor den wirtschaftlichen Folgen eines EU-Beitritts der Ukraine für Ungarn.

“Wir sind daran interessiert, niemals im gleichen Bündnis wie die Ukraine zu sein.”

Auch aus Moskau kommen deutliche Worte. Präsident Wladimir Putin erklärte im Mai, eine Versöhnung mit der Ukraine sei unvermeidlich. “Es ist nur eine Frage der Zeit”, sagte er und zeigte sich überzeugt, dass Russland letztlich siegen werde.

Mehr zum Thema – Orbán: “Es geht nicht um die Verteidigung der Ukraine, sondern um Land und Ressourcen”

Schreibe einen Kommentar