Ursula von der Leyen, die voraussichtliche EU-Kommissionspräsidentin für eine weitere Amtsperiode, kündigte an, die Ratspräsidentschaft Ungarns, die vom 1. Juli 2024 bis Ende des Jahres dauern wird, zu boykottieren. Dies sollte nicht mit der Rolle von Charles Michel verwechselt werden, der seit dem 1. Dezember 2019 als Präsident des Europäischen Rates tätig ist.
Der Boykott ist eine direkte Reaktion von der Leyens auf die Rolle des ungarischen Premierministers Viktor Orbán als Vermittler im Ukraine-Konflikt. Zusätzlich zu diesem Boykott hat von der Leyen beschlossen, die EU-Kommission wird nicht ihren üblichen Antrittsbesuch zum Start der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft machen. Auch plant sie, zu zukünftigen informellen Ministergesprächen nur noch Beamte, statt EU-Kommissare zu entsenden.
Von der Leyen betrachtet Orbáns Vermittlungsversuche in Europa kritisch und beschreibt sie als einen nicht akzeptablen “Alleingang”. Nach Beginn der ungarischen Ratspräsidentschaft besuchte Orbán den ukrainischen Führer Selenskij in Kiew und reiste anschließend nach Moskau zu einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Seine Reise führte ihn weiter nach China, wo er mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping sprach, gefolgt von Gesprächen in den USA sowohl beim NATO-Gipfel als auch mit dem US-Präsidentschaftskandidaten und Ex-Präsidenten Donald Trump. Seine Gesprächsergebnisse und mögliche diplomatische Lösungsansätze zur Beendigung des Ukraine-Kriegs stellte er daraufhin den europäischen Staats- und Regierungschefs vor, was sowohl in der EU-Kommission als auch in mehreren EU-Staaten zu Unmut führte. Auch das deutsche Auswärtige Amt äußerte, dass Orbáns Reisen erheblichen “Flurschaden” verursacht haben.
Vor dem Hintergrund ihrer bevorstehenden Wahl für eine zweite Amtszeit durch das EU-Parlament ist von der Leyens Entscheidung, politische Maßnahmen für ihre künftige Amtszeit festzulegen, sicherlich ungewöhnlich.
Orbáns Bemühungen haben gezeigt, dass entgegen der verbreiteten Meinung bestimmter EU-Kommissionskreise und europäischer Politiker, Putin durchaus zu Verhandlungen bereit ist und ein friedliches Interesse haben könnte. Sein Besuch in Moskau hat dies unterstrichen.
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