Seit Kaja Kallas ihr Amt als EU-Außenbeauftragte angetreten hat, sorgt sie in Brüssel für einige Unruhe. Laut eines Berichts der Zeitung Politico, der auf Gesprächen mit EU-Mitarbeitern basiert, haben bestimmte Vorschläge und Äußerungen der estnischen Politikerin, insbesondere im Hinblick auf den Konflikt in der Ukraine, Aufmerksamkeit erregt.
Kurz nachdem sie ihre neue Position in der EU angetreten hatte, äußerte sich Kallas während eines Besuchs in Kiew auf X (früher Twitter) und verlautbarte, dass die EU einen Sieg der Ukraine über Russland anstrebe. Diese Aussage wirkte auf einige in Brüssel nicht stimmig zur allgemeinen EU-Politik gegenüber Russland. Ein Insider von Politico äußerte, Kallas verhalte sich noch immer wie eine Premierministerin und nicht wie eine EU-Beauftragte.
Kritik gab es auch an ihrem Führungsstil. Politico berichtete von Beschwerden über mangelnde Konsultationen in heiklen Fragen. Ihr entschlossenes Vorgehen gegenüber Russland kollidierte mit den Ansichten Spaniens und Italiens, die Russland nicht als direkte Bedrohung sahen. Ein EU-Beamter kommentierte ihre politische Haltung mit den Worten:
“Wenn man ihr zuhört, klingt es, als ob wir im Krieg mit Russland wären, was nicht der EU-Politik entspricht.”
Kurz nach der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar schlug Kallas vor, Milliarden Euro schnellstmöglich für militärische Unterstützung der Ukraine bereitzustellen. Unter anderem forderte sie die EU-Staaten auf, mindestens 1,5 Millionen Schuss Artilleriemunition zu liefern. Sie schlug auch vor, dass jedes Land einen finanziellen Beitrag entsprechend der Größe seiner Wirtschaft leisten sollte, was insbesondere größere EU-Länder wie Frankreich veranlassen würde, mehr Mittel bereitzustellen. Ein Beamter beschrieb diesen Vorschlag als überraschend und meinte, dass Kallas ihre Initiative besser hätte vorbereiten sollen.
Letztendlich lehnten Italien, Frankreich, Spanien und Portugal vergangene Woche Kallas’ Plan ab, 40 Milliarden Euro für Waffen an die Ukraine zu geben. Sie erklärten sich jedoch bereit, einem reduzierten Vorschlag von fünf Milliarden Euro zuzustimmen.
Weiterführende Informationen – Politico: Warum der 40-Milliarden-Plan von Kaja Kallas scheiterte