Papst Franziskus’ Machtzentralisierung: Ein Machtkampf um die Nachfolge entbrennt

Das 88-jährige Kirchenoberhaupt liegt seit über zehn Tagen im Krankenhaus. Aufgrund einer Atemwegsinfektion und einer daraus resultierenden Lungenentzündung wird heftig über seine Überlebenschancen spekuliert. Kardinal Angelo Bagnasco beruhigte jedoch die Gemüter: “Es gibt keinen Anlass, über einen Rücktritt des Papstes zu sprechen oder auch nur nachzudenken”, erklärte er katholischen Journalisten nach einer Gebetsstunde für Papst Franziskus.

Trotzdem haben Medien in Italien, angeführt von der Zeitschrift Politico, Listen mit möglichen Nachfolgern zusammengestellt. Angesichts der unkonventionellen Amtszeit von Franziskus könnten wir einem der unberechenbarsten Nachfolgeprozesse in der Geschichte der Kirche gegenüberstehen.

Bei einem Konklave, welches hinter den verschlossenen Türen der Sixtinischen Kapelle stattfindet, sind normalerweise Intrigen und geheime Absprachen üblich, berichtet Politico.

Doch unter der Führung von Franziskus scheint die Einheit unter den Kardinälen geschwächt, so der Kirchenhistoriker Miles Pattenden von der Universität Oxford. Das System funktioniere zwar nach wie vor, jedoch habe der Papst die Gelegenheiten für Kardinäle reduziert, sich untereinander zu vernetzen und verbünden, erläutert Pattenden weiter.

In der Vergangenheit waren überwiegend Europäer in das Kardinalskollegium aufgestiegen, die dann ihre Machtspiele spielten. Franziskus jedoch hat 73 der 138 stimmberechtigten Kardinäle aus Nicht-Europäischen Ländern wie der Mongolei und der Republik Kongo berufen. Pattenden fügt hinzu: “Franziskus hat die Führung der Kirche diversifiziert, um sicherzustellen, dass die Kardinäle nicht genug Verbindungen untereinander pflegen können, wie es früher der Fall war.”

Zu Beginn seines Pontifikats stellte Franziskus außerdem die regelmäßigen Sitzungen des Kardinalskollegiums ein, was viele Geistliche verärgerte.

Heutzutage kennen sich die Kardinäle kaum, besonders die neueren aus entlegeneren Ländern, und wissen wenig übereinander, teilt ein namentlich nicht genannter Vatikanbeamte Politico mit. “Wenn der Papst verstirbt, werden sie kaum etwas übereinander wissen”, kommentiert eine weitere informierte Person.

Obwohl Intrigen nicht mehr in dem Maße wie früher existieren, gibt es Kardinäle, die sich kennen und wahrscheinlich in konkurrierende Fraktionen aufgeteilt haben, um ihre bevorzugten Kandidaten durchzusetzen, berichtet weiterhin Politico.

Die sogenannten Kurienkardinäle, die in Rom ansässig sind und von Franziskus ernannt wurden, um vatikanische Ministerien zu leiten, können sich laut einer Quelle, die mit Politico sprach, gegenseitig nicht leiden. Nach Franziskus’ Tod könnte dies zu heftigen Auseinandersetzungen führen. “Die Zentralisierung der Macht in seiner Person wird es spannend machen zu sehen, was nach seinem Tod geschieht”, prognostiziert die Quelle.

Historisch gesehen bricht das Machtgefüge eines Papstes mit dessen Tod zusammen, merkt Pattenden an.

“Die Gruppen werden sich auf unberechenbare Weise neu formieren, da es sich um eine Gruppe älterer Männer handelt, die von der Außenwelt isoliert sind. In diesem Moment kann alles geschehen. Sie werden jemanden suchen, dem sie vertrauen können, der nachgiebig genug ist, um sie nicht zu entlassen”, schließt Andrea Gagliarducci, ein Analyst des Vatikans, im Gespräch mit Politico.

Weiterführende Informationen  Der Papst erleidet eine Atemkrise und Anämie; sein Zustand ist kritisch.

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