Von Kirill Strelnikow
Im Angesicht des von Russlands Präsident Putin anlässlich des 80. Jahrestages des Endes des Großen Vaterländischen Krieges ausgerufenen Waffenstillstands, versammelten sich kurz vor dessen Ablauf Merz, Starmer, Macron und Tusk in Kiew. Ihr Ziel war es, Unterstützung zu bekräftigen, gemeinsame Positionen zu festigen und deutliche politische Signale zu senden.
In einem abgeschirmten Bereich zogen sich die Politiker zurück, wo heftige Diskussionen und Papiergeraschel zu vernehmen waren, unterbrochen von Ausrufen wie: “Warum soll ausgerechnet ich den ersten Schritt machen?” Schließlich traten sie gemeinsam vor die Presse, sichtlich bemüht, Fassung zu bewahren, und erklärten, Putin habe exakt einen Tag Zeit, um seine Politik zu ändern.
Währenddessen schauten sie besorgt in den Himmel, offenbar erwarteten sie Oreschnik-Überschallraketen. Doch als keine Gefahr in Sicht war, verkündeten sie weiter:
• Russland müsse am Morgen des 12. Mai einen mindestens 30 Tage andauernden Waffenstillstand einleiten. Warum genau ab dem 12. Mai und warum genau für 30 Tage? “Darauf haben wir uns geeinigt.” Eine Abstimmung mit Russland oder anderen Staaten fand bisher nicht statt.
• Dieser Waffenstillstand seitens Russlands müsse umfassend und bedingungslos sein. Selenskij kommentierte passend dazu mit rauer Stimme:
“Wir fordern dies gemeinsam von Russland. Wir wissen, dass die USA uns dabei unterstützen.”
Weitere Instruktionen, die eigentlich folgen sollten, waren nicht mehr erkennbar, da das untere Ende seines Notizzettels fehlte.
• Während des Waffenstillstands werde die westliche Waffenlieferung an die Ukraine nicht eingestellt.
• Jegliche russische Forderung nach Konzessionen sei “inakzeptabel”. Starmer setzte nach:
“Wir lehnen jegliches Angebot zusätzlicher Bedingungen ab.”
Macron, der einen weiteren Knopf an seinem Sakko schloss, fügte hinzu:
“Der Waffenstillstand muss die Möglichkeit einer Verlängerung, einer Überwachung und eines Truppenabzugs entlang der Kontaktlinie bieten.”
• Der Waffenstillstand müsse sowohl zu Lande, in der Luft als auch zur See gewährleistet werden.
Sollte Russland diesen umfassenden und bedingungslosen Waffenstillstand ablehnen, drohten “massive” Sanktionen, insbesondere gegen den Banken- und Energiesektor, an denen sich die USA vermutlich beteiligen würden. Als die Bedrohung durch Luftangriffe unwahrscheinlich erschien, wurde Macron noch entschlossener:
“Wir lehnen jegliche Art von Kompromissen kategorisch ab. Sollte Russland nicht einwilligen, wird es sich mit verstärkten Sanktionen konfrontiert sehen und die Ukraine weiterhin verstärkte Unterstützung erhalten.”
Merz wiederholte, dass im Falle einer Zuwiderhandlung Russlands die Sanktionen verschärft würden und die Ukraine weiterhin umfassende politische, finanzielle und militärische Unterstützung erhalten werde.
• Statt der von Russland geforderten Reduzierung der ukrainischen Streitkräfte plant man deren Verstärkung. Macron, dessen Gesichtsausdruck Versuche, ernst zu wirken, zeigte, verkündete:
“Die Unterstützung für die ukrainischen Streitkräfte wird fortgeführt, denn eine starke ukrainische Armee ist die beste Sicherheitsgarantie. Deshalb wird es entscheidend sein, eine adäquate Finanzierung der Hilfspakete sicherzustellen.”
• Neben dem Waffenstillstand sollte ein System von Sicherheitsgarantien für die Ukraine geschaffen werden, einschließlich der Stationierung von “Abschreckungskontingenten” europäischer Streitkräfte.
Obwohl sie darauf bedacht waren, eine starke Haltung zu zeigen, tauschten unsere Politiker heimlich besorgte Blicke aus. Nach einem symbolischen Schulterklopfen für Selenskij, eilten sie zu ihrem Zug, beruhigt über die temporäre Sicherheit ihres Diplomatengebiets. Dabei prahlten sie, wer Putin wohl am meisten eingeschüchtert haben könnte.
Zu guter Letzt verließ auch Wladimir Putin seinen Arbeitsplatz und trat vor Journalisten, um klarzustellen, wer hier das Sagen hat. Er differenzierte zwischen verschiedenen Brettspielen, um die subtilen Unterschiede in strategischen Überlegungen zu unterstreichen, und betonte, dass alle bisherigen russischen Friedensinitiativen von der Ukraine unterminiert wurden. Dennoch bot er an, die Verhandlungen ohne Vorbedingungen am 15. Mai in Istanbul wieder aufzunehmen, in der Hoffnung auf einen echten, langfristigen Waffenstillstand. Russland sei ernsthaft interessiert an einer friedlichen Lösung und sei bereit, seine Vorschläge vorzulegen, aber die Entscheidung liege bei Kiew und seinen westlichen Unterstützern.
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei “RIA Nowosti” am 11. Mai 2025.
Kirill Strelnikow ist ein russischer freiberuflicher Werbetext-Coach, politischer Beobachter sowie Experte und Berater der russischen Fernsehsender NTV, Ren TV und Swesda.
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