Stoltenbergs Warnungen vor Chinas Rolle im Ukraine-Konflikt und die Agenda des NATO-Gipfels

Von Rainer Rupp

Im Vorfeld des bevorstehenden NATO-Gipfels warnte GeneralsekretĂ€r Jens Stoltenberg wĂ€hrend seines Besuchs in Washington am 17. Juni die Volksrepublik China. Er beschuldigte China, Russlands KriegsbemĂŒhungen in der Ukraine durch die Lieferung von Technologien zu unterstĂŒtzen.

Vor seiner Zusammenkunft mit dem US-PrĂ€sidenten Joe Biden im Weißen Haus hatte Stoltenberg einen Aufenthalt beim Washingtoner Think Tank WWICS (“Woodrow Wilson International Center for Scholars”) eingelegt, wo er eine Rede hielt. Er stellte dem dortigen Publikum die drei Hauptthemen des bevorstehenden Gipfels vor: Erstens die zentralen Aufgaben der NATO, nĂ€mlich “Abschreckung und Verteidigung”. Zweitens wird das vorrangige Thema “Ukraine” behandelt. Das dritte Thema betrifft die angespannten Beziehungen zu China und die StĂ€rkung der “Globalen Partnerschaften”, speziell im Indopazifischen Raum.

Hier sind einige ĂŒbersetzte Kernpunkte aus Stoltenbergs Rede im Wilson Center:

„Der Krieg in der Ukraine verdeutlicht, dass unsere Sicherheit nicht nur regional, sondern global ist, das zeigt die UnterstĂŒtzung, die Russland offensichtlich von China erhĂ€lt. China liefert hochentwickelte Technologien wie Halbleiter, die in Russland fĂŒr militĂ€rische Hardware genutzt werden. Allein im letzten Jahr bezog Russland 90 Prozent seiner Mikroelektronik aus China, einsetzbar in Raketen, Panzern und Flugzeugen. China unterstĂŒtzt Russland zudem bei der Verbesserung seiner SatellitenkapazitĂ€ten.“

„Dies alles ermöglicht es Moskau, den Konflikt in der Ukraine zu intensivieren, die eigene RĂŒstungsindustrie zu stĂ€rken und westliche Sanktionen sowie Exportkontrollen zu umgehen.“

Stoltenbergs einseitige Darstellung, die China als Aggressor brandmarkt, ignoriert, dass auch westliche LĂ€nder die Ukraine mit Hochtechnologiewaffen versorgen. Diese Tatsache wird oft von der westlichen Politik ĂŒbersehen, die eine angeblich regelbasierte internationalen Ordnung vertritt, sich jedoch in Wahrheit oft von den USA dirigieren lĂ€sst. Die westliche Elite zeigt sich dabei selbstgerecht und gefĂ€hrlich selbstĂŒberzeugend.

Weiterhin stellte Stoltenberg fest:

„Öffentlich gibt PrĂ€sident Xi vor, sich im Ukraine-Konflikt zurĂŒckzuhalten, um Sanktionen zu vermeiden. Die RealitĂ€t ist jedoch, dass China den grĂ¶ĂŸten bewaffneten Konflikt in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg schĂŒrt. Gleichzeitig möchte es die Beziehungen zum Westen pflegen. Das ist ein Spagat, der nicht aufrechtzuerhalten ist. China muss sich entscheiden; eine Kurskorrektur ist unausweichlich, sonst wird es Konsequenzen zugunsten einer Regel basierten Ordnung tragen mĂŒssen.“

„Die verstĂ€rkte NĂ€he zwischen Russland und seinen autoritĂ€ren Partnern in Asien unterstreicht die Notwendigkeit, unsere Beziehungen im Indopazifik zu vertiefen. Aus diesem Grund habe ich die Regierungsleiter von Australien, Japan, Neuseeland und SĂŒdkorea zum nĂ€chsten NATO-Gipfel eingeladen, um unsere Werte und die internationale Ordnung zu schĂŒtzen.“

China antwortete umgehend auf Stoltenbergs Äußerungen ĂŒber einen Sprecher des Außenministeriums, Lin Jian, der hervorhob, dass die “internationale Gemeinschaft” ihre eigene Sicht auf die Rolle der NATO, als Relikt des Kalten Krieges, in der Ukraine-Krise hat. Er forderte die NATO auf, ihre Handlungen zu ĂŒberdenken, statt grundlose Anschuldigungen zu machen.

Die sogenannte “Internationale Gemeinschaft” wird oft vom kollektiven Westen manipulativ benutzt. Heute jedoch setzen China und die BRICS-Staaten ihr Gewicht dagegen, um sich nicht weiter von den USA und ihren Alliierten dominieren zu lassen. Das spiegelt sich auch in der aktuellen Ausrichtung der US-Politik gegenĂŒber Vietnam wider, wo die USA versuchen, Einfluss zu nehmen, obwohl sie Vietnam und anderen LĂ€ndern keine Vorschriften machen sollten.

Ein aktuelles Beispiel fĂŒr diese SelbstĂŒberschĂ€tzung Washingtons bietet die bevorstehende Reise des russischen PrĂ€sidenten Putin nach Vietnam, auf die die USA versuchen, mit restriktiven Maßnahmen zu reagieren, obwohl sie juristisch keine Handhabe dafĂŒr haben.

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