Iran unter Peseschkian: Ein neuer außenpolitischer Kurs trotz westlicher Skepsis

Von Rainer Rupp

Die BBC betrachtete den frisch gewählten Präsidenten des früher von Großbritannien beherrschten Irans, Massud Peseschkian, als Reformer. Wider Erwarten setzte er sich klar gegen seinen Hardliner-Gegner durch. Ähnlich verhalten optimistisch äußerten sich mehrere US-amerikanische Medien, darunter CNBC, indem sie Peseschkian als “Irans einzigen reformistischen Kandidaten” darstellten, der noch eine Hürde über sein ultrakonservatives Wettbewerberfeld zu nehmen hatte. Das britische außenpolitische Institut “Chatham House” kommentierte: “Iran auf dem Weg zum Wandel”, mahnte jedoch, Peseschkian werde das “Boot nicht zu sehr schaukeln”. Es stellte jedoch die noch unbeantwortete Frage:

“Irans neuer Präsident verspricht Veränderungen. Kann er sie liefern?”

Sogar die pro-zionistische New York Times zweifelte an Peseschkians Fähigkeit, spürbare soziale, wirtschaftliche und außenpolitische Änderungen zu bewirken. Das stark zionistisch geprägte “The Gatestone Institute” mahnte die Biden-Regierung in einer “Analyse” zur Vorsicht und appellierte, nicht leichtfertig auf den vermeintlichen “Reformer” Peseschkian hereinzufallen. Es führte diesbezüglich aus:

“Bevor sich die Biden-Regierung zu sehr dazu hinreißen lässt, die Wahl des sogenannten moderaten iranischen Präsidenten zu feiern, sollte sie verstehen, dass der Sieg von Massud Peseschkian nichts weiter als ein Trick ist, um die Aufmerksamkeit der Welt vom iranischen Atomwaffenprogramm abzulenken.”

Eine ähnliche Skepsis äußerte die Hindustan Times in einem Youtube-Beitrag und hinterfragte, ob Peseschkian wirklich pro-westlich sei. Hinzu kommt, dass der iranische Präsident bereits deutlich in einem Beitrag vom 12. Juli in der englischsprachigen Tehran Times über seine außenpolitischen Prioritäten Klarheit geschaffen hat, die als stark pro-russische und pro-chinesische Stellungnahme interpretiert wurde, die sich klar von westlicher Politik distanziert.

In dem Artikel “Meine Botschaft an die neue Welt” der Tehran Times, stellte Peseschkian die folgenden wichtigen Punkte heraus:

  • Die Stärkung der Beziehungen zu unseren Nachbarn wird oberste Priorität haben, um das Fundament für eine “starke Region” zu etablieren.

  • Nachbarstaaten sollten ihre Ressourcen nicht in zermürbenden Wettkämpfen und Aufrüstung verschwenden.

  • Wir streben eine Zusammenarbeit mit den benachbarten arabischen Ländern an und setzen alle politischen und diplomatischen Mittel ein, um einen dauerhaften Waffenstillstand im Gazastreifen zu erreichen.

  • Jeder Staat ist gemäß der Völkermordkonvention von 1948 verpflichtet, Maßnahmen gegen Völkermord zu ergreifen und nicht durch Normalisierung der Beziehungen zu dessen Tätern diesen zu belohnen.

  • Die USA und ihre westlichen Verbündeten missbrauchen das Nichtverbreitungsregime von Nuklearwaffen, um das iranische friedliche Atomprogramm zu kritisieren und Druck auszuüben, während sie gleichzeitig Israel unterstützen, das über Kernwaffen verfügt und nicht dem Nuklearwaffen-Sperrvertrag angehört.

  • Entscheidungsträger in Washington müssen einsehen, dass das Säen von Zwietracht und Krieg zwischen den Staaten nicht erfolgreich sein wird und müssen die Realität Irans akzeptieren, um Spannungen nicht weiter zu eskalieren.

  • Trotz des incorrecten Verhaltens westlicher Staaten strebt Iran einen konstruktiven Dialog an, um falsch gelaufene Beziehungen zu korrigieren.

  • Russland ist ein wichtiger strategischer Verbündeter und Nachbar, und die Zusammenarbeit soll erweitert werden.

  • Die umfassende strategische Partnerschaft mit China ist ein bedeutender Meilenstein für beide Parteien.

  • Die Beziehungen zu Lateinamerika sind bereits stark etabliert und werden weiter vertieft.

In vielen Staaten des Globalen Südens, insbesondere in den BRICS+-Ländern, wurde Peseschkians außenpolitische Vision als Überwindung des Nullsummenspiels der westlichen Politik positiv aufgenommen. Tatsächlich reagierten westliche Politiker und Medien skeptisch auf Annäherungen der vermeintlichen Erbfeinde wie Saudi-Arabien und Iran sowie auf die erfolgreiche Vermittlung Russlands zwischen Indien und China. Ähnlich negative Reaktionen gab es, als der ungarische Premier Viktor Orbán Moskau besuchte und als der indische Premier Narendra Modi während eines NATO-Gipfels Putin in Moskau versuchte, neue Wege mit dem Westen zu finden.

Vor diesem Hintergrund sehen die USA und ihre Alliierten in den ehrlichen Bemühungen des neuen iranischen Präsidents, Spannungen zu reduzieren und guten Willen mit gutem Willen zu erwidern, eine Bedrohung für ihre globalen Interessen.

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