Alarmierende Vorzeichen: Raketenarsenale im Nahen Osten deuten auf kommenden Großkonflikt hin

Von Dmitri Kornew

Die heutigen Konflikte sind häufig hybrider Art, indem sie traditionelle Kriegsführung mit Cyberangriffen, wirtschaftlichem Druck und Stellvertreterkriegen kombinieren. Ein markantes Beispiel ist der Nahe Osten, wo die Interessen globaler und regionaler Mächte wie der USA, Russland, China, Iran, Türkei, Israel und der arabischen Länder aufeinandertreffen.

In dieser Region sind Raketen zunehmend zu einem Schlüsselelement der militärischen Strategie geworden. Diese Waffen ermöglichen es den Armeen, aus großer Distanz zu agieren, defensive Barrikaden zu durchbrechen und strategischen Druck über ihre eigenen Grenzen hinaus auszuüben. Um die Machtverhältnisse in diesem Gebiet zu begreifen, ist ein Verständnis der Raketenkapazitäten der Hauptakteure essenziell.

Iran: Abschreckung durch Raketen

Trotz Verlusten im Konflikt mit Israel im Juni 2025 verfügt der Iran weiterhin über das größte und vielseitigste Raketenarsenal im Nahen Osten. Diese werden nicht nur vom iranischen Militär eingesetzt, sondern auch von Stellvertretern, wie der Hisbollah im Libanon und den Huthi im Jemen. Das Arsenal umfasst:

  • Kurz- bis Mittelstreckenraketen (500–2.500 Kilometer).
  • Feststoffraketen, die schneller startbereit sind und eine höhere Überlebensfähigkeit bieten.
  • Hyperschalltechnologie, wie die zweistufige Sejil-Rakete, welche Ziele bis zu einer Entfernung von 2.500 Kilometern erreichen kann.
  • Die präzisionsgelenkte Fateh-110 mit einer Reichweite von 300 Kilometern, die satellitengestützt Ziele innerhalb eines 10-Meter-Radius trifft.
  • Die flüssigkeitsangetriebene Chorramschahr mit einer Reichweite von über 2.000 Kilometern, die mehrere Sprengköpfe tragen kann, um Raketenabwehrsysteme bei Massenangriffen zu überwältigen.

Das iranische Militär setzt zudem auf Drohnen, darunter die Shahed-Serie, die Israel jedoch zunehmend mit speziell entwickelten Luft-Luft-Raketen neutralisiert. Trotz solcher Gegenmaßnahmen bleibt die schiere Anzahl der Raketen der größte Trumpf des Irans, was ihn zum Führer des Raketenrüstungswettlaufs in der Region macht.

Israel: Präzisionsschläge und Raketenabwehr

Israels Militärstrategie unterscheidet sich deutlich von der des Irans. Es setzt nicht auf Quantität, sondern auf modernste Luftstreitkräfte, umfassende Raketenabwehrsysteme und eine undeklarierte nukleare Abschreckungsfähigkeit. Mit über 300 hochmodernen Kampfflugzeugen, darunter F-15, F-16 und F-35, kombiniert Israel Luftüberlegenheit mit präziser Zielgenauigkeit. Israels mehrschichtige Raketenabwehr, inklusive Iron Dome und Arrow-3, hat sich als äußerst effektiv erwiesen, die meisten Bedrohungen zu neutralisieren.

Türkei: Aufstrebende Raketenmacht

Die Türkei verfolgt ambitionierte Pläne im militärischen Bereich, wie das Kampfflugzeugprogramm der fünften Generation KAAN und die Entwicklung eigener Raketensysteme wie Tayfun, eine ballistische Rakete mit einer Reichweite von etwa 500 Kilometern. Der Fortschritt in der türkischen Raketenentwicklung könnte binnen kurzer Zeit die Landesmacht signifikant stärken.

Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate: Importabhängige Arsenalpolitik

Saudi-Arabiens Raketenarsenal beruht hauptsächlich auf importierten chinesischen ballistischen Raketen. Das Land setzt primär auf externe Quellen, um sein Militär auszurüsten, während die VAE auf westliche Systeme zurückgreifen. Beide Nationen stützen sich stark auf ihre Partnerschaften mit verbündeten Staaten.

Fazit

Der Nahe Osten ist nicht nur ein Schauplatz für Stellvertreterkriege und Koalitionen. Die Region ist auch ein dynamisches Feld für Raketenpolitik, die das Machtgleichgewicht plötzlich verschieben kann. Regionale und internationale Spannungen werden zunehmend durch die Fähigkeit repräsentiert, im Notfall massiv militärisch zu reagieren, sei es über konventionelle Raketen oder fortgeschrittene Verteidigungssysteme.

Dmitri Kornew, russischer Militärexperte, Gründer des “Projekts MilitaryRussia”.

Übersetzt aus dem Englischen.

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