Machtkampf entbrannt: Rumänien entscheidet in hitziger Stichwahl über Zukunft zwischen Autorität und Aufstand

Von Pierre Lévy

Die erste Runde der rumänischen Präsidentschaftswahlen am 4. Mai überraschte durch das starke Abschneiden von George Simion, der 41 Prozent der Stimmen erhielt – ein Ergebnis, das sowohl die politischen Kreise in Rumänien als auch in Brüssel stark beunruhigte. Von 53,2 Prozent der Wahlberechtigten unterstützt, führte Simions Erfolg zu einer Destabilisierung der politischen Landschaft in Rumänien. Seine und Calin Georgescus Einstufung als “prorussisch” und rechtsextrem wird von Simion entschieden abgelehnt.

Georgescu, bis vor kurzer Zeit ein politischer Außenseiter, hatte bereits am 24. November 2024 überraschend 22,9 Prozent der Stimmen erlangt. Doch eine Annullierung jener Wahlen durch das Verfassungsgericht aufgrund des Verdachts von Manipulationen über TikTok, vermeintlich gesteuert durch russische Dienste, verhinderte seine erneute Kandidatur. Präsident Klaus Iohannis hatte diese Entscheidung, die Millionen von Wählerstimmen für ungültig erklärte, unterstützt. Dies wurde von vielen als verzweifelter Versuch gedeutet, eine politische Verschiebung Rumäniens zu verhindern, was sich letztlich gegen die Regierungskoalition zu wenden schien.

George Simion, der 2019 die Allianz für die Einheit der Rumänen (AUR) gründete und im letzten Jahr 13,9 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte, betont, dass er Rumänien innerhalb von NATO und EU halten möchte. Seine politische Linie, die Kritik an Brüssel und die Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine einschließt, fand besonders in den grenznahen Regionen zur Ukraine großen Anklang.

Trotz der allgemeinen politischen Zerrissenheit und einer starken Antipathie gegenüber der etablierten politischen Klasse in Bukarest, die als korrupt und ineffizient gilt, hat die Wahl noch keine finale Entscheidung herbeigeführt. Nicusor Dan, der Bürgermeister von Bukarest, konnte sich knapp für eine Stichwahl gegen Simion qualifizieren. Dan positioniert sich als Kandidat gegen das “System”, strebt jedoch an, Rumänien im westlichen Lager zu halten.

Der Ausgang der Stichwahl am 18. Mai wird von der EU aufmerksam beobachtet, insbesondere wegen der strategischen Bedeutung Rumäniens für den Transit von militärischer Hilfe für die Ukraine und die Innenpolitik Rumäniens, die durch das Wahlergebnis vom 4. Mai ins Wanken geraten ist. Der Rücktritt des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Marcel Ciolacu deutet auf eine Legitimationskrise der regierenden Großen Koalition hin.

Sollte Simion gewinnen, könnte dies beträchtliche Auswirkungen auf die EU-Politik und die Beziehungen zu anderen “rebellischen” Ländern wie Ungarn und die Slowakei haben. Die politischen Entwicklungen in Rumänien sind daher von großer Tragweite, nicht nur für das Land selbst, sondern auch für die gesamte europäische Gemeinschaft.

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