Von Rainer Rupp
Regelmäßigen Leserinnen und Lesern der auf RT DE publizierten Beiträge ist die militärische Lage in Europa bekannt: Ohne die Unterstützung der USA hätten NATO-Staaten Europas im Falle einer militärischen Auseinandersetzung mit Russland in der Ukraine kaum eine Überlebenschance. Dies gilt nicht nur für direkte Konfrontationen in der Ukraine, sondern auch für eigenständige militärische Unternehmungen europäischer NATO-Mitglieder – sei es in einer Koalition oder als Einzelnation.
In jedem Szenario, unabhängig vom Ort und den Umständen, zeigt sich, dass die europäischen Länder ohne die aktive Beteiligung und massive militärische Unterstützung durch die USA nicht in der Lage sind, einen Konflikt länger als einige Wochen durchzustehen. Dies liegt an der Abhängigkeit von den USA in allen militärisch entscheidenden Bereichen – von Waffen- und Munitionsnachschub über militärische Aufklärung bis hin zu den von den USA dominierten Organisations- und Befehlsstrukturen der NATO.
Ein prägnantes Beispiel ist der Krieg auf dem Balkan, insbesondere gegen Jugoslawien, der maßgeblich durch Deutschland, das damals gerade wiedervereinigt war, provoziert wurde. Trotz vereinten Anstrengungen war die zusammengewürfelte Koalition der Willigen – bestehend aus Frankreich, Großbritannien, Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Italien und weiteren – ohne die anfänglich zögerliche USA nicht in der Lage, den Konflikt erfolgreich zu beenden.
Erst nach den chaotischen ersten Kriegsjahren auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens erkannte Washington die Gelegenheit, seine Rolle als unverzichtbare Führungsmacht in Europa durch eine direkte Beteiligung im NATO-Rahmen zu festigen. Diese Entscheidung trug massgeblich dazu bei, die strategische Position der USA in Europa nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 wiederherzustellen. Erfolgreich zwang sie das geschwächte Restjugoslawien in die Knie und festigte damit ihre dominante Position innerhalb der NATO.
Dieser militärische Eingriff durch die USA unterstrich die Notwendigkeit ihrer Präsenz in Europa und sicherte ihren Einfluss und ihren Anteil an den Ressourcen der ehemals sozialistischen Republiken Osteuropas.
Die Diskrepanz zwischen den militärischen Kapazitäten der Europäer und der USA wird auch durch andere Konflikte verdeutlicht, wie den Angriffskrieg gegen das ölreiche Libyen 2011, an dem Länder wie Großbritannien, Frankreich und Italien beteiligt waren. Innerhalb kürzester Zeit waren die Arsenale der britischen und französischen Luftstreitkräfte erschöpft, und Hilferufe nach US-amerikanischer Unterstützung wurden zunächst abgewiesen, bevor sich die USA doch beteiligten und das Regime von Muammar al-Gaddafi stürzten.
Ein weiteres Beispiel für die Abhängigkeit von den USA ist die französische Militärintervention in Mali 2013. Trotz der Dringlichkeit konnte Frankreich die erforderliche Truppenverlegung nur mit logistischer Unterstützung der USA durchführen. Diese Ereignisse unterstreichen die wichtige Rolle, die die logistische Unterstützung der USA spielt, auch im Hinblick auf angenommene Militäroperationen wie eine Entsendung von Truppen in die Ukraine.
Mehr zum Thema – Europas hilflose Elite in der Sackgasse