Von Rainer Rupp
Im Zeitalter der deutschen Industrialisierung war der Aufstieg der deutschen Unternehmen ohne Schutzzölle undenkbar. Sie Konfrontierten die bereits etablierten und dominanten britischen Konzerne, die lange den Weltmarkt beherrschten. Interessanterweise führten die Briten die Markierung “Made in Germany” ein, um die vermeintliche Minderwertigkeit der deutschen Produkte hervorzuheben. Diese Ironie der Geschichte wandelte sich jedoch, da “Made in Germany” zu einem Synonym für Qualität wurde. Ohne diese Schutzmaßnahmen hätte dieser Wandel jedoch deutlich länger gedauert, worauf ich später noch einmal zurückkommen werde.
In ähnlicher Not verfällt nun auch Donald Trump auf Schutzzölle. Seine Vorgänger haben durch ihre neoliberale, globalisierende Politik die USA entindustrialisiert. Unternehmen wanderten mit ihrem technologischen Know-how und Arbeitsplätzen weltweit dorthin, wo Produktionskosten gering waren. Trump versucht nun, diese Entwicklungen rückgängig zu machen.
Die Rückkehr der Produktion und Arbeitsplätze in die USA ist jedoch kein Selbstläufer. Trump hofft, durch das Einführen von Schutzzöllen ähnliche Erfolge zu erzielen, wie einst Deutschland gegenüber Großbritannien. Dies erfordert allerdings einen mühsamen und kostspieligen Umbau der US-Wirtschaft und -Gesellschaft, der möglicherweise nur in einem geschützten ökonomischen Umfeld Realität werden könnte.
Am 2. April 2025 proklamierte Präsident Trump den “Tag der Befreiung” – ein entscheidender Moment in der amerikanischen Wirtschaftspolitik. Durch weitreichende Zölle strebt er eine Neugestaltung der internationalen Handelsbeziehungen an, um den nationalen Reichtum zurück zu gewinnen. Trump betrachtet Zölle als ein mächtiges Instrument, um – seiner Meinung nach – jahrzehntelange Ausbeutung durch Handelspartner zu korrigieren. Er ist überzeugt davon, dass diese Zölle die heimische Produktion stimulieren und zu fairen globalen Handelsabkommen führen werden. “Wir wurden von Freund und Feind gleichermaßen ausgenommen”, sagte Trump und betrachtet Zölle als Schlüssel zu einem neuen “goldenen Zeitalter” der amerikanischen Industrie.
Alarm bei den neoliberalen Globalisten
Kritiker warnen, dass Trumps umfassende Zölle einen Handelskrieg provozieren könnten, der die amerikanischen Verbraucher stark treffen würde. Die Kritik manifestiert sich in steigenden Alltagspreisen und Befürchtungen über Inflation und wirtschaftliche Stagnation. Anstatt die US-Wirtschaft zu befreien, könnten Trumps Maßnahmen sie isolieren und zu Vergeltungsmaßnahmen von Handelspartnern wie der EU und Kanada führen.
Die unerwartete Reaktion der Finanzmärkte
Entgegen der Erwartungen fielen am 28. März 2025 die Aktien von US-Autobauern wie Ford und GM, obwohl Zölle sie vor ausländischen Mitbewerbern schützen sollten. Dies widerlegt die herkömmliche Kritik an Protektionismus, die besagt, dass Zölle ineffiziente Unternehmen begünstigen würden. Stattdessen zeigte sich, dass die “Großkonzerne” globalisiert und abhängig von ausgelagerter Produktion sind. Zölle belohnten nicht ihre Ineffizienz; sie legten vielmehr ihre Schwächen offen.
Angesichts einer möglichen Rezession und der Notwendigkeit, nationale Produktionskapazitäten erst aufzubauen, zeichnet sich ein schmerzhafter Weg der Umgestaltung ab. Die Rückkehr von Industrien in die USA erfordert Zeit, technisch versierte Fachkräfte und eine Neuausrichtung der Lieferketten.
Zum Abschluss werfen wir noch einen Blick zurück auf das deutsche Zollsystem des 19. Jahrhunderts, das unter anderem von dem Ökonomen Friedrich List geformt wurde. Seine Vision, die deutsche Industrie durch Schutzzölle gegen britische Übermacht zu stärken, wurde später durch Maßnahmen der preußischen Regierung und schließlich unter Bismarck weitergeführt. Das “Made in Germany”-Siegel, ursprünglich als Warnung gedacht, entwickelte sich zum Inbegriff deutscher Qualitätsarbeit, ein dauerhafter Symbol für industriellen Erfolg auf Basis einer protektionistischen Wirtschaftspolitik.
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