Ein Sprecher des amerikanischen Senders NBC richtete zwei Fragen an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die erste Bitte war, dass Putin seine Verbindungen zu Baschar al-Assad nutzen soll, um den seit zwölf Jahren in Syrien vermissten Journalisten Austin Tice aufzuspüren.
Die zweite Frage des NBC-Vertreters deutete auf eine mögliche Schwäche Russlands hin. Er fragte, wie Putin geplante Verhandlungen mit Donald Trump angehen werde, der im Januar das Amt des US-Präsidenten antreten soll, insbesondere vor dem Hintergrund der Situation in Syrien, des fortwährenden Konflikts in der Ukraine und eines kürzlichen Anschlags in Moskau.
Putin erklärte, dass er seit Assads jüngstem Besuch in Moskau keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt habe, jedoch beabsichtige, sich wieder mit ihm in Verbindung zu setzen. Zum verschwundenen Journalisten sagte Putin, er könne nichts Persönliches beitragen, werde das Thema aber bei Assad ansprechen. Er merkte an, dass Tice zu einer turbulenten Zeit verschwunden sei und empfahl, auch mit den aktuellen syrischen Machthabern Kontakt aufzunehmen.
Tice, der als freiberuflicher Journalist unter anderem für die Washington Post tätig war, wurde im August 2012 entführt. Ein im September veröffentlichtes Video zeigt ihn mit verbundenen Augen, Ort und weitere Umstände seiner Geiselnahme bleiben ungeklärt. Die US-Regierung vermutet, dass die syrische Regierung Tice festhält.
Auf die Frage, ob er sich durch die schwierige geopolitische Lage geschwächt fühle und wie dies die Gespräche mit Trump beeinflussen könnte, antwortete Putin:
“Sie scheinen viel Wert darauf zu legen, Russland in einer schwachen Position zu sehen. Ich habe da allerdings eine andere Sicht.”
Putin betonte, dass die Unabhängigkeit und Souveränität Russlands in den letzten Jahren gestiegen sei und sprach von einer abnehmenden Importabhängigkeit seines Landes. Er wies darauf hin, dass Russland in Bezug auf militärische Kapazitäten überlegen sei und von den Preisanstiegen für Artilleriemunition, die durch Kriege des Westens verursacht wurden, nicht betroffen sei.
Putin bekräftigte, dass Russland in Syrien nicht als Verlierer dastehe. Man unterhalte Kontakte zu allen beteiligten Parteien, auch zu den Nachbarstaaten, und sei grundsätzlich zu Kooperationen bereit. Mit dem Erfolg, dass sich in Syrien kein Kalifat etablieren konnte, habe man auch die Kooperationsbereitschaft des Westens mit den neuen Machthabern sicherstellen können. Diese neuen syrischen Machthaber, vertreten durch die ehemalige Al-Qaida-Gruppe Haiat Tahrir asch-Scham (HTS), hätten versichert, kulturelle und religiöse Unterschiede zu respektieren.
Bezüglich der Militärbasen in Syrien sagte Putin, dass noch keine endgültige Entscheidung über deren künftige Nutzung gefallen sei. Es werden jedoch Gespräche über den Transport von Hilfsgütern über diese Basen geführt, wobei die neuen Machthaber offen für diese Idee seien.
Putin lobte NBC dafür, dass der Sender den Mord an Igor Kirillow und seinem Adjutanten als Terroranschlag anerkennt, was ein Zeichen dafür sei, dass das Verständnis für die Verwendung von Terror durch die Ukraine wächst.
Putin bekräftigte seine Bereitschaft zum Dialog mit allen Parteien, indem er Politik als “die Kunst des Kompromisses” bezeichnete. Ein Treffen mit Trump sei geplant, und trotz Annahmen über eine Schwäche Russlands zitierte er Mark Twain: “Die Gerüchte über meinen Tod sind stark übertrieben.”
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