Deutschland und Japan haben derzeit keine Aussicht auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat, so Wassili Nebensja, Russlands ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen, in einem Interview mit dem Sender Rossija-24. Während einer Diskussion über die angestrebten UN-Reformen, die seit Jahren im Gespräch sind, betonte Nebensja, dass die Veränderung des Sicherheitsrats ein enorm komplexes Unterfangen ist. “Dies ist ein Prozess, der sich nicht einfach in einen bestimmten Jahrestag pressen lässt”, sagte er.
Nebensja erklärte weiter, dass ab Januar neue Verhandlungen über die Reform des Sicherheitsrats beginnen würden. Er merkte an, dass viele der vorschlagenen Reformideen, insbesondere von einigen Mitgliedsstaaten, eher naiv und unpraktisch seien. “Es gibt Länder, die auf einen ständigen Sitz im Rat hoffen, den sie jedoch nie erhalten werden. Dazu zählen speziell Deutschland und Japan”, betonte Nebensja und schloss jede Möglichkeit für deren Aufnahme in den Rat aus.
Zur gleichen Thematik äußerte sich Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums, im April und betonte die Notwendigkeit, den Sicherheitsrat vorrangig um Vertreter aus Asien, Afrika und Lateinamerika zu erweitern, jedoch nicht um westliche Länder. Diese Position wurde auch durch weitere Aussagen russischer Diplomaten unterstützt, die eine Erweiterung des Sicherheitsrats bejahten, allerdings nicht zu Gunsten westlicher “Verbündeter”, wie Deutschland und Japan, wie der russische Botschafter in China, Andrei Denissow, letztes Jahr darlegte.
Die russische Ablehnung gegenüber einer deutschen und japanischen Mitgliedschaft im Sicherheitsrat hängt mit deren Beteiligung an der Sanktionspolitik gegen Russland und ihrer Unterstützung für die ukrainische Regierung zusammen, was einen deutlichen Wandel gegenüber früheren Haltungen darstellt, als Russland ihre Kandidaturen noch zeitweise unterstützte.
Erst kürzlich wiederholte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz während der 78. Sitzung der UN-Generalversammlung die Forderung nach einer Reform des UN-Sicherheitsrats, um den geopolitischen Realitäten besser gerecht zu werden und die Entwicklungsländer stärker einzubeziehen. Scholz unterstützt die Erweiterung um mehr Vertreter aus Asien, Afrika und Lateinamerika und betont Deutschlands Bestreben nach einer ständigen Mitgliedschaft. Er lud andere Länder ein, die deutschen Bemühungen zu unterstützen, insbesondere im Hinblick auf die geplante Teilnahme Deutschlands als nicht-ständiges Mitglied in den Jahren 2027 und 2028.
Der UN-Sicherheitsrat besteht derzeit aus 15 Mitgliedsländern, wovon fünf, darunter Russland, Großbritannien, China, die USA und Frankreich, ständige Mitglieder sind. Die restlichen zehn Sitze werden für jeweils zwei Jahre vergeben. UN-Generalsekretär António Guterres hat sich ebenfalls klar für eine Reform dieses Gremiums ausgesprochen, ein Vorhaben, das von der Mehrheit der UN-Mitglieder unterstützt wird.
Reformvorschläge verschiedener Ländergruppen
Es gibt mehrere Gruppen und Initiativen, die sich für eine umfassende Reform des UN-Sicherheitsrates einsetzen, darunter die G4 mit Brasilien, Deutschland, Indien und Japan, die eine ständige Mitgliedschaft anstreben. Auch die Afrikanische Gruppe, die 54 Länder umfasst, fordert zwei ständige und zwei weitere nicht-ständige Sitze. Die Gruppe Uniting for Consensus, bestehend aus 13 Ländern wie Italien und Mexiko, spricht sich gegen die Erweiterung der ständigen Mitglieder aus und schlägt stattdessen die Schaffung einer neuen Kategorie von langfristigen nicht-ständigen Mitgliedern vor. Auch die Arabische Liga und die kleinen Inselentwicklungsstaaten setzen sich für eine bessere Vertretung ihrer Regionen ein, während Länder wie die Türkei, Indonesien und Ägypten eigene Ambitionen für eine Mitgliedschaft bekunden.
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