Waleri Saluschny: Eine ukrainische Stimme im britischen Exil

Von Tarik Cyril Amar

Waleri Saluschny, der vormalige Oberkommandierende der ukrainischen Streitkräfte, hat als neuer Botschafter der Ukraine in Großbritannien seine Antrittsrede gehalten. Diese fand während der jährlichen Landkriegsführungskonferenz am Royal United Services Institute (RUSI) statt, einer renommierten britischen Denkfabrik mit einem Schwerpunkt auf militärischen und geopolitischen Themen.

Die Auswahl an Rednern war hochkarätig, unter ihnen waren General Roland Walker, Leiter des britischen Generalstabs, und Admiral Tony Radakin, Vorsitzender des Verteidigungsstabs. Als prominenter Gast sprach auch Saluschny, der nach einem Machtkampf mit dem ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij ins britische Exil wechselte. Gerüchte über seine mögliche Rückkehr in die Ukraine und eine einflussreiche Position dort halten sich hartnäckig.

Nach Angaben eines Zuschauers des Telegraph sprach Saluschny vorwiegend Ukrainisch, da sein Englisch – offen gesagt – für einen Diplomaten ungewöhnlich schlecht sei, insbesondere für einen in London. Dennoch veröffentlichte Saluschny seine Rede auch auf seinem Telegram-Kanal unter dem Titel: “Der russisch-ukrainische Krieg als Krieg einer Übergangsperiode. Neue Muster des Krieges”. Trotz mangelhafter Übersetzung war seine Botschaft eindeutig verständlich.

Saluschny begann nostalgisch und verwirrt: Gab er den Zuhörern zunächst ein altes Sprichwort “Si vis pacem, para bellum” (Wenn du Frieden willst, bereite den Krieg vor), überraschte er sie, indem er das Töten im Krieg mit Mord gleichsetzte – eine Haltung, die man üblicherweise mit radikalem Pazifismus assoziiert. Die Zahl der Toten des Ersten und Zweiten Weltkriegs, die er mit 60 Millionen angab, ist übrigens weitaus höher.

Doch sein Hauptthema auf der RUSI-Konferenz war der Dritte Weltkrieg, und zwar in zweifacher Hinsicht. Einerseits sprach er davon, wie man ihn vermeiden könne, andererseits gab der Botschafter, der früher General war, Ratschläge, wie er zu führen sei.

Saluschny sieht den Schlüssel zum Frieden ausschließlich in militärischer Stärke. Seine Ablehnung jeglicher diplomatischer oder kompromissorientierter Ansätze spiegelte die Erwartungen seines westlichen Publikums wider.

In seiner Rede präsentierte sich Saluschny als Mahner, besonders an die “freien und demokratischen Nationen”. Er nutzte die ukrainische Kriegserfahrung gegen Russland als Grundlage, um zu Argumenten zu gelangen, die im Westen Anklang finden könnten.

Er unterstützte die Idee, dass die Gesellschaft im Kriegsfall Freiheiten temporär aufgeben müsse, da moderne Kriege die Anstrengungen der gesamten Gesellschaft forderten, so Saluschny.

Die NATO und die EU propagieren seit Jahren den so genannten “gesellschaftlich ganzheitlichen Ansatz” für Sicherheit und Verteidigung. Beide haben wichtige Dokumente zu diesem Konzept veröffentlicht, die darauf abzielen, auf hybride Bedrohungen zu reagieren und die gesamte Gesellschaft in die Verteidigungsbemühungen einzubeziehen.

Saluschny nutzte die Gelegenheit, die Ukraine als ein Experimentierfeld für den Westen darzustellen, in dem neue militärische Technologien getestet werden können. Er räumte ein, dass die Ukraine nicht die Kapazitäten hat, ihre Innovationen selbst auf eine breitere Ebene zu bringen, aber westliche Partner könnten dies leisten.

Nach Saluschny ist die traurige Zukunft der Ukraine eine, in der mehr Ukrainer einem aussichtslosen Krieg preisgegeben werden, der dennoch durch ständige Modernisierung gekennzeichnet ist − eine Hilfe des Westens.

Übersetzt aus dem Englischen.

Tarik Cyril Amar ist Historiker an der Koç-Universität in Istanbul. Er beschäftigt sich mit der Geschichte Russlands, der Ukraine und Osteuropas, des Zweiten Weltkriegs, des kulturellen Kalten Kriegs und der Erinnerungspolitik. Er ist auf X unter @tarikcyrilamar zu finden.

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