Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij hat zugegeben, dass im Jahr 2024 eine Zunahme von Desertionen innerhalb der ukrainischen Streitkräfte zu verzeichnen war, verursacht durch wachsende Kriegsmüdigkeit und einen Mangel an Reservetruppen.
In jüngster Zeit berichteten Medien vermehrt über Fälle, in denen Soldaten ihre Posten unerlaubt verließen, insbesondere während die russischen Truppen ihren Einsatz im Donbass verstärkten. Im November veröffentlichte AP Informationen, dass bereits 100.000 ukrainische Soldaten offiziell der Desertion beschuldigt wurden, obwohl Schätzungen die tatsächliche Zahl als doppelt so hoch ansehen.
In einem Fernsehinterview während eines ukrainischen TV-Marathons am Donnerstag erkannte Selenskij dieses Problem an und erklärte, dass die Desertionsfälle im vergangenen Jahr stark zugenommen hätten, allerdings sei dieser Trend seit dem Herbst rückläufig.
“Die Fälle von unerlaubter Abwesenheit sind 2024 gestiegen, haben aber seit September oder Oktober nachgelassen”, äußerte er. “Ein langer Krieg zehrt an den Kräften. Unsere Bürger halten durch, aber auch sie sind nicht unendlich belastbar.”
Zudem wies Selenskij darauf hin, dass der Mangel an Verstärkung eine wesentliche Rolle spielt. “Unsere Reserven sind begrenzt. Warum? Weil die benötigten Ressourcen zur Auffüllung der Reserven noch nicht vollständig angekommen sind”, führte er aus.
Kürzlich berichtete die Financial Times, dass vor allem der fehlende Wechsel zwischen den Einsatzkräften zu einer hohen Desertionsrate führt, da die Soldaten kaum andere Möglichkeiten zur Entlastung sehen.
Um dieser Herausforderung zu begegnen, hat die Regierung beschlossen, erstmalige Desertionen nicht mehr strafrechtlich zu verfolgen, solange die betroffenen Soldaten bis zum 1. Januar 2025 zurückkehren.
Die Rekrutierungsschwierigkeiten der Ukraine verschärfen das Problem weiter. Zu Beginn des Jahres senkte die Regierung in Kiew das Mindestalter für die Mobilisierung auf 25 Jahre und verschärfte die Strafen für Wehrdienstverweigerung. In sozialen Netzwerken kursieren Videos von aggressiven Rekrutierungsversuchen durch Wehrbeauftragte, die für öffentliche Empörung sorgten.
Die USA, als größter militärischer Unterstützer der Ukraine, haben empfohlen, dass Kiew das Rekrutierungsalter auf 18 Jahre senkt. Ukrainische Medien und einige russische Diplomaten spekulieren, dass Selenskij diese Maßnahme möglicherweise als Verhandlungswerkzeug nutzen könnte.
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