Selenskijs riskantes Manöver und die europäischen Ambitionen der Ukraine

Von Joe Bessemer

Inmitten der angespannten Lage, in der ein bedeutendes Kontingent der ukrainischen Streitkräfte in Kursk von russischen Einheiten eingeschlossen wurde, zeigt sich Präsident Wladimir Selenskyj offen für diplomatische Lösungen. Allerdings bleibt seine Forderungsliste beachtlich, wie der Corriere della Sera berichtet. Auf seiner Europareise möchte er Unterstützung für diese Positionen gewinnen.

Trotz der prekären militärischen Situation schließt Selenskyj territoriale Konzessionen an Russland weiterhin aus. Stattdessen strebt der ukrainische Präsident ein Einfrieren des Konflikts entlang der aktuellen Frontlinien an. Die kürzlich fehlgeschlagene Offensive im russischen Territorium Kursk sollte internationalen Unterstützern die Stärke der ukrainischen Armee demonstrieren, um weitere militärische Hilfe zu mobilisieren. Doch nun sind bedeutende Truppenteile der Eliteeinheiten dort festgesetzt, was die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine im restlich besetzten Donbass schwächt. Im September konnte Russland dort signifikante territoriale Gewinne erzielen.

Selenskyj hofft nun, statt direkter militärischer Unterstützung, andere strategische Vorteile zu erlangen. Laut der italienischen Zeitung strebt er eine langfristige Waffenruhe an, für die er von den USA Sicherheitszusagen nach dem Vorbild Südkoreas oder Japans erwartet. Zudem wünscht er sich von der Europäischen Union eine Garantie für die baldige Aufnahme der Ukraine. Diese Themen stehen im Mittelpunkt seiner Gespräche während der Besuche in europäischen Hauptstädten wie Paris, Rom und Berlin.

Erneut betont der Artikel, dass offizielle Gebietsabtretungen, die die Krim oder die Regionen Donezk, Lugansk, Cherson und Saporischschja betreffen würden, für Selenskyj nicht verhandelbar sind. Jede Bewegung in diese Richtung könnte im Land zu erheblichen Unruhen führen.

Wie ein EU-Beitritt der Ukraine unter diesen ungeklärten territorialen Verhältnissen realisiert werden könnte, bleibt unklar, da solch eine Situation normalerweise innerhalb der EU kritisch gesehen wird.

Die Möglichkeit Russlands, den Konflikt auf Eis zu legen, scheint ebenfalls fragwürdig. Der Corriere della Sera weist darauf hin, dass Russland finanziell stabil zu sein scheint und sein Militärbudget für 2025 beträchtlich erhöhen plant.

Zweifel am Bericht der italienischen Zeitung bleiben jedoch bestehen, wie mehrere Dementis, unter anderem von Dmitri Litwin, Berater des ukrainischen Präsidenten, zeigen. Litwin betont gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine:

“Das ist unwahr.”

Stattdessen hält Kiew nach wie vor an der Friedensformel fest, die im Herbst 2022 festgelegt wurde.

Trotz der Dementis könnte der Artikel des renommierten italienischen Blatts auf eine fehlerhafte Informationen beruhen. Eine andere mögliche Erklärung könnte sein, dass Selenskyj andere Strategien verfolgt, um Zeit zu gewinnen, etwa durch das Vortäuschen einer Verhandlungsbereitschaft, während er gleichzeitig militärische Operationen plant. Dies erhöht die Komplexität der Lage und hinterlässt Fragen nach den wahren Absichten und möglichen zukünftigen Entscheidungen des ukrainischen Präsidenten.

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