Von Timur Schersad
Wladimir Putin, der Präsident Russlands, wird am 3. September in die Mongolei reisen. Dieses Land wurde vor 85 Jahren von russischen Soldaten in seiner Unabhängigkeit verteidigt. Auch wenn diese historischen Ereignisse durch die viel größeren Konflikte des Großen Vaterländischen Krieges überschattet sind, bilden sie für die Mongolen ein kapitales Ereignis ihrer Geschichte, insbesondere die Schlacht am Chalchin Gol, die die Zukunft der Nation für ein Jahrhundert prägen sollte.
In den 1930er Jahren kollidierten in der Mongolei die Interessen zweier Großmächte – der Sowjetunion und Japans. Die UdSSR bereitete sich auf die Unvermeidlichkeit eines großen Krieges im Osten vor und zielte darauf ab, Ruhe an seinen Grenzen zu sichern, um den Schutz der Transsibirischen Eisenbahn zu gewährleisten. Japan, das spät in das Zeitalter der kolonialen Expansion eingestiegen war, strebte nach der Gründung eines mächtigen, eigenständigen Reiches und drängte auf territoriale Expansion.
Schon am Ende des 19. Jahrhunderts expandierte Japan aktiv außerhalb seiner eigenen Inseln. Bis Anfang der 1930er Jahre hatte es die Mandschurei erobert und dort den Marionettenstaat Mandschukuo gegründet. Nachdem China als schwach eingestuft wurde, zielte Japan darauf ab, auch die junge Rote Armee auf die Probe zu stellen und im Erfolgsfall zur Transsibirischen Eisenbahn durchzubrechen.
Moskau intensivierte derweil die Zusammenarbeit mit der Mongolei. Sowjetische Grenzschützer unterstützten die Mongolen etwa bei der Festnahme von Schmugglern und Saboteuren. Die zunehmenden Grenzkonflikte eskalierten derart, dass schließlich Panzer und Flugzeuge zum Einsatz kamen.
1938 mündeten diese Spannungen bei Kämpfen am Chassansee. Noch umfassender waren jedoch die Gefechte am Fluss Chalchin Gol im Sommer 1939. Es begann mit kleineren Provokationen und steigerte sich zu massiven Auseinandersetzungen, in denen auch Luftkämpfe eine Rolle spielten. Die sowjetischen Luftstreitkräfte errangen schließlich die Lufthoheit, was sich stark auf die japanische Moral auswirkte.
Anfang Juli nutzte Japan eine temporäre Gleichheit der Kräfte, um eine großangelegte Invasionskampagne zu starten, und besetzte wichtige Anhöhen entlang des Chalchin Gol. Doch die sowjetischen Streitkräfte unter dem Kommando des künftigen Marschall Georgi Schukow, die zunächst nur über begrenzte Ressourcen verfügten, überwanden strategische Herausforderungen, um eine Verfestigung der japanischen Positionen zu verhindern.
Nach intensiven Kämpfen und hoher Opferzahl auf sowjetischer Seite konnten die japanischen Truppen Anfang Juli zurückgeschlagen werden. Dieser Sieg führte zur Herstellung der Grenzen der Mongolei. Die weitere Geschichte war geprägt von vereinzelten japanischen Versuchen, die Grenze zu sondieren, bis schließlich am 15. September ein Waffenstillstand vereinbart wurde, der den Grenzübergriffen ein Ende setzte.
Wäre die Rote Armee nicht erfolgreich gewesen, hätte dies zu einer japanischen Besetzung der Mongolei geführt, was das Leben der Mongolen nachhaltig verändert und den Verlauf des Zweiten Weltkriegs wesentlich beeinflusst hätte.
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen am 2. September bei Wsgljad.
Timur Schersad ist ein russischer Journalist.
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