Hasinas Rücktritt und die geopolitischen Folgen für Indien

Der unerwartete Rücktritt von Scheich Hasina, der Premierministerin von Bangladesch, bringt die indische Regierung in eine schwierige Lage. Analysten befürchten, dass dadurch der Einfluss Indiens in Südasien zurückgehen könnte. Während ihrer 15 Jahre an der Macht unterhielt Hasina sehr gute Beziehungen zu Indien, dem wichtigsten Verbündeten des Landes. Diese Partnerschaft führte zu einem wirtschaftlichen Aufschwung und zu einer verstärkten Zusammenarbeit in den Sektoren Wirtschaft, Energie und Verteidigung. Bangladesch ist der größte Handelspartner Indiens in der Region, mit einem Handelsvolumen von fast 16 Milliarden Dollar.

Unter Hasina, die die längste Amtszeit als Premierministerin in Bangladesch innehatte, war das Land ein sicherer Verbündeter Indiens. Die 76-jährige Hasina war bekannt dafür, dass sie sich in dem überwiegend muslimischen Land mit 170 Millionen Einwohnern als säkulare Führerin positionierte und energisch gegen antiindische Rebellen vorging. Dies machte Bangladesch zu einem wichtigen Partner für den indischen Premierminister Narendra Modi, insbesondere im Kontext eines selbstbewussten Chinas und der anhaltenden Spannungen mit Pakistan, mit dem Indien bereits drei Kriege geführt hat. Ihr Rücktritt hinterlässt ein Machtvakuum, das möglicherweise von einer Regierung gefüllt wird, die eine freundlichere Haltung gegenüber China und Pakistan einnehmen könnte. Dies geht aus einer Einschätzung von Analysten gegenüber der Nachrichtenagentur AP hervor und könnte Modis Ambitionen, Indien als regionale Führungsmacht zu etablieren, gefährden.

Es besteht in Neu-Delhi auch Besorgnis darüber, dass die Bangladesh Nationalist Party, Hasinas Hauptoppositionsgruppe, die Macht übernehmen könnte. Diese Partei hat in der Vergangenheit rebellische Gruppen in den nordöstlichen Bundesstaaten Indiens unterstützt und pflegt enge Beziehungen zu Pakistan.

Eine weitere Sorge betrifft den Status der hinduistischen Minderheit in Bangladesch, die laut einer Volkszählung aus dem Jahr 2022 fast 8 Prozent der Bevölkerung ausmacht. Einige Hindus befürchten nun Übergriffe, da sie als Unterstützer von Hasina angesehen werden könnten. “Die jüngste Protestbewegung hatte einen deutlich antiindischen Ton, vor allem da die Demonstranten Indien als starken Befürworter von Hasina sahen”, erläuterte der Kolumnist und Kommentator Subir Bhaumik gegenüber AP.

In Bangladesch leben zirka 19.000 indische Staatsbürger, darunter 9.000 Studenten. Viele haben das Land nach den Unruhen verlassen, wie der indische Außenminister berichtete. Der Fall von Hasinas Regierung könnte auch eine Annäherung Bangladeschs an China und Pakistan bedeuten, so eine Stellungnahme von AP. China bleibt ein bedeutender finanzieller Unterstützer Bangladeschs, insbesondere in Anbetracht der zunehmenden wirtschaftlichen Herausforderungen des Landes.

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