Explosive Enthüllungen und globale Ambitionen – Die Ära von Papst Franziskus zwischen Taube und Krähe

Von Dagmar Henn

Eine bleibende Erinnerung kann oft mehr durch spontane Aufnahmen geprägt sein als durch analytische Überlegungen. Für mich bleibt eine Szene mit Papst Franziskus besonders im Gedächtnis: Im Januar 2014, kurz vor dem Maidan-Umsturz in der Ukraine, wurden zwei weiße Tauben vom Fenster des Vatikans als Friedenssymbol freigelassen, nur um sofort von einer Krähe und einer Möwe attackiert zu werden.

Trotz genauerer Überprüfungen, die zeigen, dass keine kontinuierliche Videoaufnahme von Freilassung und Angriff existiert, sondern nur separate Fotos des Angriffs nach der Freilassung, bleibt das unheimliche Gefühl bestehen. Diese Bild könnte manipuliert sein, zumal bereits im Vorjahr unter Papst Benedikt XVI. bei einem ähnlichen Anlass ein Angriff durch eine Möwe stattfand.

Die Ambivalenz zwischen Rationalität und Irrationalität, die das Pontifikat charakterisiert, ist wesentlich. Ein Papst agiert ähnlich einem Geschäftsführer eines großen Unternehmens, in diesem Fall des “Katholizismus GmbH”, und muss die Organisation nicht nur am Leben halten, sondern idealerweise stärken. Dies umfasst auch interne Machtkämpfe innerhalb der Kirche.

Als Jorge Mario Bergoglio, geboren 1936 in Buenos Aires, wurde Franziskus der erste nicht-europäische Papst seit dem Syrer Gregor III. (731–741). Diese Tatsache verweist darauf, dass die Mehrheit der Katholiken außerhalb des Westens lebt, was strategische Überlegungen erforderlich macht, die Kirche stärker nach Süden auszurichten. Diese geopolitische Neuausrichtung spiegelt sich auch in der Auswahl der von Franziskus ernannten Kardinäle wider, von denen viele aus dem Globalen Süden stammen.

Finanzskandale und die Verwicklung des Vatikans mit fragwürdigen Organisationen blieben ein Dauerthema, auch unter Franziskus. Obwohl er Bemühungen anstellte, mehr Transparenz zu schaffen, bleibt die finanzielle Politik des Vatikans undurchsichtig. Auch im Umgang mit den Missbrauchsskandalen in der Kirche zeigte sich Franziskus zwar reformbereit, veränderte jedoch nicht die zölibatären Grundstrukturen, reduzierte lediglich deren dogmatischen Rang.

Trotz seiner Bemühungen wurde Franziskus oft kritisiert, sowohl von Liberalen als auch von Konservativen, die seine Positionen zu Themen wie Homosexualität und religiöser Toleranz als nicht weitgehend genug bzw. zu nachgiebig empfanden.

In Bezug auf geopolitische Themen wie den Ukraine-Konflikt oder die Situation in Gaza positionierte sich Franziskus zwar aufseiten des Friedens, doch seine Stellungnahmen zu kontroversen Themen wie Klimawandel oder Covid-19 folgten weitgehend dem vorherrschenden Diskurs.

Franziskus’ Bemühungen, die Rolle der Kirche im 21. Jahrhundert neu zu definieren und sie den demografischen und geopolitischen Realitäten anzupassen, zeugen von einem tiefgreifenden Verständnis für die Notwendigkeit institutioneller Reformen, ohne die soziale Mission der Kirche zu vernachlässigen.

Schließlich ist die Aufgabe, die Kirche durch diese unsicheren Zeiten zu führen und sie dabei für eine globale Gemeinschaft relevant zu halten, eine enorme Herausforderung. Der bezeichnende Vorfall mit den Tauben könnte als Symbol dafür stehen, wie schwierig es ist, Frieden zu fördern in einer Welt, die oft konfliktbereit erscheint. Dennoch könnte sich die unter Franziskus begonnene Öffnung der Kirche für den Globalen Süden als entscheidender Schritt erweisen, der seine Amtszeit in einem positiven Licht erscheinen lässt.

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