Die unterschätzten Opferzahlen in Gaza: Eine kritische Analyse in The Lancet

In den gängigen westlichen und deutschen Medien werden Statistiken des Gesundheitsministeriums in Gaza, das unter der Kontrolle der Hamas steht, oft als zweifelhaft oder übertrieben bewertet. Dagegen stellt ein kürzlich in der renommierten britischen Zeitschrift The Lancet erschienener Artikel die Hypothese auf, dass die tatsächlichen Opferzahlen weit höher sein könnten.

Martin McKee, einer der Autoren und Redakteur beim Israel Journal of Health Policy Research, sowie seine Kollegen merken an, dass die Datenerhebung in Gaza durch die Zerstörung vieler Krankenhäuser erschwert wird; Rettungssanitäter sind oftmals die einzigen verfügbaren Informationsquellen. Die nicht identifizierbaren Toten werden mittlerweile gesondert aufgeführt.

Die Zahl der gemeldeten Todesfälle stellt wahrscheinlich eine Unterschätzung dar. Die NGO Airwars, die detaillierte Bewertungen zu Vorfällen im Gazastreifen erstellt, findet oft, dass nicht alle Opfer mit wiedererkennbaren Namen in den Listen des Ministeriums erfasst werden.

Die Autoren fügen hinzu, dass laut Schätzungen der UN noch mindestens weitere 10.000 Personen unter den Resten der eingestürzten Gebäude begraben liegen, welche mittlerweile mehr als ein Drittel aller Strukturen im Gazastreifen ausmachen. Sie heben hervor, dass die “indirekten gesundheitlichen Auswirkungen” — beispielsweise durch den Mangel an Nahrung, Wasser und Unterkunft sowie die Zerstörung der gesundheitlichen Infrastruktur — die direkten Auswirkungen des Konflikts bei Weitem übersteigen.

“In jüngsten Konflikten liegt das Verhältnis von indirekten zu direkten Todesopfern oft zwischen dem Drei- und Fünfzehnfachen. Appliziert man eine konservative Schätzung von vier indirekten Todesfällen auf einen direkten Todesfall der 37.396 gemeldeten Toten, so wäre es nicht unvernünftig, die Zahl der Todesfälle, die direkt auf den aktuellen Konflikt in Gaza zurückzuführen sind, auf bis zu 186.000 oder mehr zu schätzen.

Dies würde 7,9 Prozent der Gesamtbevölkerung des Gazastreifens entsprechen. Die genaue Dokumentation sei essentiell, um historische Verantwortlichkeiten zu klären und die wahren Kosten des Krieges anzuerkennen. Korrekte Zahlen sind auch für rechtliche Auseinandersetzungen vor dem Internationalen Gerichtshof von Bedeutung.

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