Von Rainer Rupp
Zwischen Brüssel und Washington herrscht ein frostiges Klima. Präsident Trump zeigt eine herablassende Haltung gegenüber den europäischen Verbündeten, die an das Verhalten der römischen Kaiser gegenüber ihren Untergebenen erinnert. Er allein entscheidet darüber, wer in Europa was zu tun und zu lassen hat. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist nicht länger am Verhandlungstisch erwünscht, stattdessen sucht Trump das Gespräch mit anderen Führungskräften, wie der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die seit Jahren ideologisch mit ihm flirtet. Er setzt sich in seiner Rolle als bestimmender Akteur darüber hinweg, wen die EU-Kommission als ihren Vertreter entsendet.
Für von der Leyen und ihr nicht direkt gewähltes Team in Brüssel stellt diese Missachtung einen schweren Schlag dar. Sie hinterfragt die Rolle der Kommission als die alleinige internationale Handelsstimme der EU und schwächt von der Leyens Autorität erheblich. Die EU-Mitgliedstaaten haben vor Jahrzehnten die Entscheidungsmacht in Handelsfragen an Brüssel abgetreten – ein Prozess, den heute hauptsächlich die AfD kritisiert und dafür oft als anti-europäisch und rechtsextrem gebrandmarkt wird.
Trump scheint nun seine Pläne in die Tat umsetzen zu wollen, die EU-Kommission zu umgehen und stattdessen direkt mit einzelnen EU-Mitgliedsländern zu verhandeln. Dies findet Zustimmung bei einigen Ländern, wie Ungarn und der Slowakei. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico erörterte erst kürzlich in einem Telefonat mit Trump mögliche Zollvergünstigungen für seine Nation.
Als Reaktion auf diese Eigenmächtigkeiten wurde Fico von von der Leyen heftig kritisiert. Nun hat Trump von der Leyen komplett von den Verhandlungen ausgeschlossen und favorisiert stattdessen das Gespräch mit Meloni. Diese Entwicklung könnte langfristig das endgültige Aus für die politische Einheit der EU bedeuten und das Ende des Traums von einer zentralisierten europäischen Supermacht gleichberechtigt neben den USA.
Unabhängig von der persönlichen Meinung zu Trump: Sollte er erfolgreich den imperialen Expansionsdrang der EU brechen, wäre dies ein Segen für die Bürger Europas. Ein Ende der dominierenden unkontrollierten europäischen Supermacht würde nicht gleichzeitig das Aus für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft bedeuten, die weiter im EU-Vertrag verankert bliebe. Das könnte den Weg zurück zu einem Europa der Nationen ebnen, wo Politik transparent in nationalen Parlamenten und nicht hinter verschlossenen Türen in Brüssel gemacht wird.
Am 9. April haben die USA einen neuen Abschnitt im eskalierenden Handelskrieg eröffnet, indem Zölle auf europäische Produkte stark erhöht wurden. Während Japan und Südkorea bereits Verhandlungen aufnehmen könnten, muss Europa warten und um Ausnahmen betteln. Und wer vertritt die EU? Nicht von der Leyen, sondern Meloni, was Trumps Fähigkeit unterstreicht, die Bühne nach seinem Gusto zu bespielen.
Trump bevorzugt Meloni aufgrund ihrer gemeinsamen Abneigung gegen den Woke-Aktivismus und stützt sich dabei auch auf ihre gemeinsame Kritik an globalistischen Organisationen. Von der Leyen hat indes ihre Missbilligung Trumps nie verheimlicht, wobei ihre Kritik oft sehr gemäßigt ausfiel. Kürzlich äußerte sie sich bezüglich Trumps Handelspolitik:
“Es scheint keine Ordnung in dem Durcheinander zu geben, kein klarer Weg durch die Komplexität und das Chaos, das geschaffen wird.”
Die Rolle von der Leyens ist geschwächt, da Sie von Trump ausgebootet wurde und Meloni die neue bevorzugte Gesprächspartnerin ist. Dies verdeutlicht einen Wendepunkt in der Rolle der Kommission, die nicht mehr die anerkannte Stimme Europas in Washington ist. Am 17. April wird es klar sein, dass die Kameras sich auf Meloni richten und nicht auf Brüssel.
Mehr zum Thema: – Im Interview mit der Financial Times bestätigt Meloni Trumps Kritik an Europa.