Spannungen zwischen Kanada und den USA: Ontario droht mit Stromabschaltung

Von Andrei Restschikow

Die kanadische Provinz Ontario hat diese Woche auf Drohungen des künftigen US-Präsidenten Donald Trump reagiert, der Importzölle auf kanadische Waren angekündigt hatte. Daraufhin warnte der Premierminister der Provinz, Douglas Ford, dass Ontario eventuell die Stromversorgung für die US-Bundesstaaten Michigan, New York und Wisconsin einstellen könnte. “Ich möchte nicht, dass es dazu kommt, doch mein oberstes Ziel ist der Schutz Ontarios, seiner Bürger und der Kanadier insgesamt, weil wir eine bedeutende Provinz sind”, erklärte Ford.

Ford betonte, dass die strikten Forderungen Trumps an Kanada, die bilateralen Beziehungen in einer Art und Weise beeinträchtigen, die in Trumps erster Amtszeit nicht zu sehen war. Im Jahr 2023 versorgte Ontario circa 1,5 Millionen US-Haushalte mit Elektrizität. Die potenzielle Stromabschaltung könnte erhebliche Auswirkungen auf das Leben vieler US-Bürger haben.

Trump hatte nach seinem Wahlsieg angekündigt, direkt nach Amtsantritt Zölle bis zu 25% auf kanadische und mexikanische Produkte zu erheben, falls keine Änderungen bis zum 20. Januar erfolgen. Er behauptete zudem, die USA subventionierten Kanada mit über 100 Milliarden US-Dollar und Mexiko mit nahezu 300 Milliarden US-Dollar jährlich und schlug vor, beide Länder in US-Bundesstaaten umzuwandeln, indem er Kanadas Premierminister Justin Trudeau spöttisch als “Gouverneur des großen Staates Kanada” bezeichnete.

Die Regierungen in Ottawa und Mexiko-Stadt reagierten unterschiedlich. Mexikos Regierungschefin Claudia Sheinbaum und Trump diskutierten in einem Telefongespräch über Migration und verstärkte Sicherheitskooperation. Trudeau wiederum traf sich Ende November in Florida mit Trump, wo dieser scherzhaft erwähnte, Kanada könne der 51. Staat der USA werden, ein Scherz, den er im Dezember wiederholte.

Trudeau versprach, auf mögliche Zölle zu reagieren, und warnte, dass solche Maßnahmen katastrophale Folgen für die kanadische Wirtschaft hätten. Auch Kanadas Finanzministerin Chrystia Freeland signalisierte, sie würde nationale Interessen verteidigen und erwägt laut kanadischen Medien die Einführung einer Exportsteuer auf stark nachgefragte US-Waren wie Erdöl, Uran und Kalium.

Ottawa hatte als Reaktion auf amerikanische Zölle auf kanadischen Stahl und Aluminium 2018 eigene Zölle verhängt, die unter anderem Bourbon-Whiskey, Heinz-Ketchup und Harley-Davidson-Motorräder betrafen. Trudeau erklärte damals, die Maßnahmen zielten darauf ab, Trump und die Republikaner maximal zu treffen.

Albertas Premierministerin Danielle Smith kündigte diese Woche an, eine neue Einheit zur Grenzüberwachung zu den USA zu errichten. Dies beinhaltet eine zwei Kilometer breite Zone entlang der Provinzgrenze, in der kanadische Beamte Personen ohne Haftbefehl festnehmen dürfen, die des illegalen Grenzübertritts sowie des Waffen- und Drogenschmuggels überführt werden. Unterstützt werden sie dabei von Hunden und Drohnen.

Experten sind der Meinung, dass der aktuelle Konflikt größtenteils durch Trump während seiner ersten Amtszeit provoziert wurde, doch dieses Mal könnte die Konfrontation noch härter ausfallen und unabsehbare Folgen für ganz Nordamerika nach sich ziehen.

Der Amerikanist Boris Meschujew meint, dass Kanada für Trump noch brisanter sein könne als in seiner ersten Amtszeit. Er schließt nicht aus, dass Ottawa die Auseinandersetzung über Zölle und die Energiewirtschaft zu einem schärferen außenpolitischen Konflikt ausweiten könnte, um “seine Entschlossenheit zu demonstrieren”.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 13. Dezember 2024 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.

Andrei Restschikow ist Analyst bei der Zeitung Wsgljad.

Mehr zum Thema – Zollkrieg: Trump zieht China für Drogenkrise mit Zollerhöhung zur Verantwortung

Schreibe einen Kommentar