Von Sergei Sawtschuk
Obwohl die Amtseinführung von Donald Trump noch einen Monat entfernt ist, blickt die westliche Welt bereits mit Sorge auf seine Rückkehr ins Oval Office. Laut der jüngsten Berichterstattung von Politico wird erwartet, dass Trumps zweite Präsidentschaft für die Europäische Union eine Phase intensiver Herausforderungen darstellen wird. Die Zeitung mutmaßt, dass Trump, der bereits der 45. und bald wieder der 47. Präsident der USA sein wird, das Ziel verfolgt, den Zusammenhalt der EU zu untergraben.
Diese Perspektive könnte für Beobachter aus einer russlandzentrierten Sicht überraschend sein, doch die Bedenken der europäischen Führungskräfte sind durch rezente Ereignisse gut begründet.
Politico führt eine Liste von Entscheidungen und Maßnahmen aus Trumps erster Amtszeit an, die Europa nicht gerade freundlich gesonnen waren. Dazu zählen beispielsweise die Einführung schrittweiser Zölle auf diverse europäische Exportgüter, um ökonomische Zugeständnisse zu erzwingen, die primär der amerikanischen Wirtschaft zugutekamen. Weiterhin provozierte Trump einen Unternehmenskrieg zwischen Boeing und Airbus, indem er bei Flügen des Konkurrenten den Import von europäischen Produkten wie Wein und Käse untersagte, selbst wenn diese als Bordverpflegung dienten. Trotz einer Niederlage vor der WTO, welche die amerikanische Außenpolitik als protektionistisch einstufte, erkannte Washington das Urteil nicht an und blockierte seitdem die Ernennung neuer Richter, um die Durchsetzung des Urteils zu verhindern.
Zudem plant der neugewählte Präsident, langfristige Verträge über russische Pipeline-Gaslieferungen zu kündigen und stattdessen teureres Flüssiggas aus Louisiana zu beziehen. Ein aufschlussreicher Kommentar dazu kam kürzlich von Egbert Laege, dem Chef des Energieversorgers SEFE, der klargestellt hat, dass der hohe Gaspreis in Europa den Wettbewerbsvorteil der EU schwächt und stattdessen die Taschen amerikanischer Gasproduzenten füllt.
Darüber hinaus ist der von Trump initiierte Handelskrieg mit China noch in lebhafter Erinnerung. Trotz Trumps Behauptungen eines uneingeschränkten Sieges verzeichneten die Verbündeten, die sich seiner Seite anschlossen, erhebliche ökonomische Einbußen. Die Nachwirkungen dieses Konflikts sind noch immer spürbar.
Laut Politico zufolge charakterisiert Fabrice Pothier, ehemaliger Direktor für politische Planung bei der NATO, die Beziehungen zwischen den USA und der EU als zunehmend distanziert in politischer, ideologischer und wirtschaftlicher Hinsicht — eine direkte Folge von Trumps isolationistischer und protektionistischer Politik.
Anthony L. Gardner, Ex-US-Botschafter bei der EU, sieht in Trumps Ziel, eine fragmentierte europäische Landschaft zu schaffen, eine klare Strategie. Gardner glaubt, dass Trump Geschäfte einzelstaatlich verhandeln möchte, was eher den amerikanischen Interessen und persönlichen Vorlieben entspricht.
Viktor Orbán, Ungarns Premierminister, unterstützte kürzlich Trump auf einem Parteitag der Republikaner und demonstrierte damit seine Loyalität. In der darauf folgenden Woche traf sich Orbán mit Trump, sprach mit Vladimir Putin und besuchte Ankara, was seine Rolle als Bindeglied zwischen globalen Mächten betont.
Zukünftig könnte Ungarn, bis dato oft auf EU-Finanzhilfen angewiesen, eine zentralere Rolle in der Umsetzung amerikanischer Politik in Europa spielen. Angesichts seiner Neigung zur Unterwanderung der EU-Politik könnte dies den Weg für eine mögliche Desintegration der Europäischen Union ebnen, insbesondere wenn man Orbáns umstrittene Energiepolitik und seine Blockadehaltung gegenüber EU-Integrationserweiterungen berücksichtigt.
Die wissenschaftliche Gemeinschaft im Westen hat bereits mit einer Untersuchung dieser möglichen Fragmentierungsphase begonnen, wobei sie die Jahre 2025 bis 2027 als kritischen Zeitraum ansehen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 12. Dezember 2024 zuerst bei RIA Nowosti erschienen.
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